Montag, 1. September 2014

Schulpferde - die Reitlehrer auf vier Hufen oder Copine's allerallererste Reitstunde!

Heute starte ich eine Serie von Geschichten über Pferde, die selten in den Schlagzeilen auftauchen oder mit Schleifen überschüttet werden, manchmal sogar ein Stiefmütterchendasein in den Ställen haben, obwohl es wirklich beachtenswerte Geschöpfe sind. Ich schreibe mal etwas über Schulpferde, mit denen ich zu tun hatte und die in meinem Herzen unsterblich geworden sind. Macht euch auf etwas gefasst, denn das waren eine ganze Menge! :-)
 Ich bin seit jeher von dieser hippologischen "Berufssparte" angetan, sind es doch diejenigen, die ihre Rücken und Mäulchen für unsere ersten Reitversuche hinhalten. Und sie dürfen niemals vergessen werden, denn sie sind unverzichtbar für die Reitausbildung! Deswegen müssen sie gehegt und gepflegt werden und ich habe meinen Teil auf jeden Fall dazu beigetragen. Wer weiss, vielleicht ergibt es sich ja nochmal, dass ich mich wieder um jene kümmern darf, die so ein bisschen ein Schattendasein in den Vereinen und Reitschulen fristen.
Eigentlich sind sie ja die Aushängeschilder der Ausbildungsstätten, denn über den Zustand der Schulpferde und ihrer Ausrüstung kann man viel über die jeweilige Reitschule rückschließen. Einem Stall, der seine Lehrpferde nicht wertschätzt und sie nicht ausreichend hegt und pflegt (Stichwort artgerechte Haltung!) würde ich als Anfänger sofort den Rücken kehren. Als "ich" würde ich aber nach Möglichkeit versuchen, ihre Lage zu verbessern im Rahmen meiner Möglichkeiten. ;-)
Ich beginne mal mit meinen eigenen Anfängen. Wie schon ansatzweise berichtet, war es ein echt harter Kampf für mich, überhaupt die Möglichkeit zu bekommen, Stallluft zu schnuppern. Als ich 12 Jahre alt war und auf meinen Wunschzettel für Weihnachten  konsequent an alleroberster Stelle ein Pferd prangte (und ich schon etliche Exemplare aus Plüsch und Plastik mein eigen nannte..) schenkte mir meine allerliebste Oma ENDLICH eine Zehnerkarte für eine Reitschule. Oh, wie glücklich war ich da! Es gab zum Geburtstag Gummireitstiefel und einen Helm und ich hätte beides am liebsten nie wieder ausgezogen. Mit einer Schulfreundin, die schon eine Weile dort ritt, fuhr ich dann zu der kleinen Reitschule in einem echten Kuhdorf mitten im Sauerland.
Dort angekommen, konnte ich es gar nicht erwarten, endlich mein Schulpferd gezeigt zu bekommen. Nur am Rande, ich hatte noch keinen Hufkratzer und noch keinen Striegel und noch kein Sattelzeug in der Hand gehabt. Ich hatte lediglich ein paar Runden Ponyreiten in Freizeitparks oder illegal auf einer Ponyweide (darüber schweige ich aber lieber..) als Reiterfahrung aufzuweisen. Sonst nix! Aber alles regelrecht angefallen, was wiehernd auf einer Weide herumstand. Ich war nicht da wegzubekommen.
Mein erstes Schulpferd, was ich kennenlernte, war ein kleiner brauner Wallach namens Donald! Tja, klein ist ja relativ, ne. Ich war selber ziemlich klein und da wirkt so ein Großpferd per se erstmal wie eine Fabelgestalt. Ponys gab es in dem Betrieb nicht. Aber mir war das egal: Ich würde reiten lernen dürfen!
Donald erwies sich als ein wenig unfreundlich, er schnappte nach dem Pfleger, der den Sattelgurt schloss und ließ sich hier auch nicht von meinen mitgebrachten Leckerlies aus dem Reitsportladen trösten, die ich zu den Stiefeln und der Kappe dazubekam. Er nahm es, um gleich danach wieder nach meinem Helfer zu schnappen. Ich glaube, er war nicht besonders begeistert von meiner Idee, reiten zu lernen, und das nun ausgerechnet auf ihm.
Ich merkte, wie er mich musterte.
Ich wiederum hoffte, er würde nett zu mir sein. Ich war so voller Vorfreude, dass ich um ihn herumhüpfte wie ein Eichhörnchen auf Speed. Heute weiss ich, dass das ein Fehler war. ;-)
Nun wurde Donald in die Bahn geführt und ich tanzte nebenher (ich wusste schon jetzt, dass ich morgen DAS Thema in meiner Schulklasse sein würde. Meine Klassenkameradin zeigte mir nun schon zum dritten Mal einen Vogel).
Es ging ans Aufsitzen. Die Reitlehrerin richtete die Longe und die Peitsche und schnallte die Zügel aus dem Trensenzaum aus. Dafür hatte ich ein sogenanntes "Maria-Hilf-Riemchen" am Sattel, zum Festhalten, bekommen.
Donald versuchte nun, durch Herumzappeln der Longenstunde zu entgehen. Der Pfleger forderte mich  auf, mein linkes Bein anzuwinkeln, bevor Donald noch unruhiger wurde (er war beileibe nicht das absolut optimale Longenpferd). Ich gehorchte und schon packte er mein Schienbein und es ging aufwärts!
Leider ging es auch direkt danach wieder abwärts. Er hatte mich über das Pferd geworfen. -.- Bisschen zu gut gefrühstückt, was?
Prustend fand ich mich auf der rechten Seite von Donald sitzend wieder. Meine Klassenkameradin war vor Lachen bereits puterrot! Und ich wusste nun schon, bevor ich auch nur einen Schritt auf Donalds Rücken geritten war, wie der Hallenboden schmeckt.
Donald selbst schaute erstaunt zu mir runter: "Das ging aber schnell! Ich habe doch noch gar nicht angefangen!"
Trotz dieser "Minischande" musste ich grinsen und sprang schnell wieder auf. Meine Reitlehrerin sagte trocken: " Wer noch nicht gefallen ist, ist auch noch nie geritten." Ok, geritten war ich ja nun auch noch nicht wirklich. Aber ich wusste schon mal, wie sich das mit dem Fallen anfühlt.
Beim 2. Versuch mit etwas weniger Schwung sass ich dann stolz wie Oskar im Sattel von Donald, der übrigens sehr gepflegt und in Ordnung war, so wie auch Donald selbst. Viele Reitschüler sassen wohl Anfang der 80er in diesen klassischen VS-Sätteln von Kloster Schönthal, ich habe sie in vielen Reitschulen vorgefunden.
Dann ging es erstmal schön langsam los im Schritt, diese schaukelnde weiche Bewegung genoss ich sehr und Donald hatte wohl eingesehen, dass es gar nicht so schlimm war, mich im Sattel zu haben, denn ich streichelte und klopfte ihn in einer Tour! Er spitzte sogar die Ohren und war für mich im Moment sowieso das schönste und tollste Pferd der ganzen Welt.
Die Worte der Reitlehrerin rauschten leider ein wenig an mir vorbei, erinnere ich mich. Ich war so in Donald verknallt, dass ich nur am Rande mitbekam, dass ich leichttraben lernen sollte. Aufstehen-setzen im Schritt erstmal, das bekam ich hin. Als Donald aber dann in den 2. Gang schaltete und lostrabte wie - so kam es mir vor - die Feuerwehr - war ich froh über mein Mariahilfsriemchen, das ich auch sofort fand. Sonst hätte ich schon wieder eine Bodenanalyse machen müssen und das wäre ja wirklich  ZU peinlich.
Ich bin übrigens äußerst froh, dass es damals noch keine Handys und Selfies und Facebooks gab. :-)
Das mit dem Leichttraben erfühlte ich gegen Ende der Stunde einigermaßen und dann musste ich leider schon wieder absitzen. Dies klappte deutlich besser als das Aufsitzen und ich bedankte mich überschwänglich bei meinem Donald mit einer wahren Flut von Leckerlies. Er nahm sie, sabberte mich damit voll und von da an zählte ich die Minuten bis zur nächsten Reitstunde, bis ich endlich wieder auf  ihm sitzen durfte.

Später erfuhr ich, dass Donald ein eher unbeliebtes Schulpferd war, weil er eben beim Satteln schnappte und biss und beim Reiten einen "harten Trab" hatte. Das alles war mir aber egal, denn Donald hatte einen neuen Fan und zwar mich. Und das für eine ganze Weile. Und er war auch in den folgenden Longenstunden gut zu mir. Im Gegenzug putzte ich ihn, als ich endlich in die Geheimnisse des Striegelns eingeweiht wurde, dass die Reitlehrerin staunte und fragte, ob er auf einer Auktion verkauft werden sollte. Was ich wiederum mit einem entsetzten "Nee, doch nicht VERKAUFEN!" entgegnete. "Er soll sich nur wohlfühlen."

Wieder zuhause von der 1. Stunde, musste ich übrigens den blauen Fleck an meinem Hintern gut verbergen, sonst wären die Reitstunden direkt wieder gestrichen worden wegen "zu gefährlich (und zu teuer sowieso)." Den Spott der Klassenkameraden (Sabine konnte natürlich den Mund nicht halten) ertrug ich tapfer. Ich wollte nur weiter reiten lernen, alles andere war mir egal.

Wann immer euch ein Schulpferd begegnet, seid nett zu ihm und streichelt ihm anerkennend über seine weichen Nüstern. Es hat einen wirklich harten Job.

Pferdige Grüße von
Copine (heute voller Nostalgie)


2 Kommentare:

  1. Da kommen Erinnerungen an viele von den Helden, die so einiges mitgemacht haben. Mal raufwink zur großen Wiese zu Attila-wirst-du-wohl und all den anderen.

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  2. Oh, du hattest auch eine/n Attila in der Reitschule? Bei uns war es eine Füchsin, die zur Verfügung gestellt wurde. Ich habe diese Stute zu gern geritten, als ich etwas besser war. Die war echt klasse, weich und brav und machte auch mit Anfängern mal einen Sprung. :-) *mit-raufwink*

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