Mittwoch, 20. August 2014

Das Leben ist kein Ponyhof...

... auch nicht für Ponys. Mein Name ist Max und ich bin eins. Ein Pony direkt aus der Klischeekiste. Ein Ponypony sozusagen. Und was nach jeder Menge Spaß und unbeschwerten Dasein klingt, lasst euch gesagt sein: das ist verdammt nochmal nicht einfach.
Ich bin ja von Natur aus hart im Nehmen, das bringt die Rasse so mit sich. Die Zweibeiner nennen mich ein "Shetty", und weil ich wirklich winzig bin, sogar manchmal "Minishetty". Ich bin also klein, schwarz und süß mit einer dicken Mähne, ebensolchem Schweif und Knopfaugen, die manchmal sogar sichtbar sind. Und trotzdem sehe ich alles, auch die Lücke im Zaun und den fettesten Löwenzahnbüschel.
Nur leider sind mir solche Ponyfreuden derzeit verwehrt. Und das macht mich traurig und wütend. Und warum?
WEIL ICH VON BERUF EIN BEISTELLPONY BIN!!!!
Was ist daran so schlimm, werdet ihr jetzt fragen. Beistellpony sein heisst doch, den lieben langen Tag mit einem Kumpel auf der Weide zu stehen und Grünzeug zu mampfen, wenig bis gar nicht geritten zu werden (jaja, das erspart 'ne Menge Rückenschmerzen und Ärger, ich weiss...) und gechillt auf die nächste Fütterung zu warten. Betreuter Weidegang sozusagen, für ein Grosspferd, damit es nicht so allein ist.
Ist ja alles schön und gut.
Macht ja auch Spaß. Der Große ist normalerweise auch ganz umgänglich, wenn auch ein totales Weichei und ziemlich egoistisch. Muss immer der erste am Futtertrog oder Wasserbottich sein, der Lulli.
Er trägt den heldenhaften Namen "Romero". Haha, dass ich nicht lache. Was soll das sein? Ein italienisches Auto? Ein argentinischer Fussballprofi? Ein verliebter Typ aus einem Shakespeare-Drama mit einem "r" zuviel?
Mannmannmann, wenn ihr wüsstet. Der macht sich wegen einem (!) Bremsenstich sowas von in die Hose. Will nicht bei Mistwetter raus, weil er Angst hat, dass es ihm in die Ohren regnet. In die pralle Sonne will er auch nicht, weil dann wieder viele Fliegen unterwegs sind. Dem ist das Gras zu grün, zu nass, zu trocken, zu staubig, zu matschig. Der hat soviel zu mosern den ganzen Tag, dass einem bald die Ohren bluten. Sogar vor Spinnen hat der Angst. Sowas von ungechillt, der Typ.
Oder wenn er geritten werden soll. Da fängt er schon morgens mit dem Gejammer an. Der Reitplatz ist zu nass, zu trocken, zu glitschelig. Die Reiterin fordert ihn zu sehr oder langweilt ihn mit "Tempounterschieden und Übergängen". Es wird entweder zuviel oder zuwenig galoppiert. Im Schritt nerven ihn die Bremsen (siehe oben) und dann geht das Lameng wieder von vorne los.
Das ist ja alles nicht so schlimm, das prallt an meinen kleinen plüschigen beschopften Miniohren ja sowas von ab.
Aber stellt euch vor: Letztes Jahr war er ganz SECHS MONATE lahm und außer Gefecht und wir durften nicht auf die Weide!!! Er durfte nur Schritt gehen und ich habe JEDEN MOMENT genossen, wo er geführt oder Schritt geritten wurde. Jeder verdammte Moment, den ich ohne diesen Kerl alleine im Stall verbringen durfte, war ein Geschenk. Ich bin ja nu auch nicht mehr der Jüngste, und als der Saftsack dann auch noch das Beissen und Treten anfing, war ich wirklich, wirklich sauer. Ihr könnt euch das nicht vorstellen! Dauernd das Geheule wegen dem Aua-Bein und dann auch noch fies zu mir werden. Ich war damals kurz davor, einen Protestsong zu schreiben oder wenigstens ein Gedicht. Wenn ich nur genügend freie Zeit gehabt hätte, aber die 20 Minuten waren immer zu schnell um und dann kam er schon wieder reingepoltert mit seiner miesen Laune.
Und dann der fehlende Weidegang! Immer gab es nur Heu und Stroh und Möhren und Äpfel und mal ne Runkelrübe. Aber glaubt mal nicht, dass ich davon allzuviel abgekriegt hätte! Das meiste hat ER gefuttert, der alte Egoist.
Dann wurde er ja so allmählich wieder gesund und wir durften wieder auf eine kleine Weide, damit "er nicht so ins Rennen kommt". Na toll, nun ratet mal, wer auf dem kleinen Stück die leckersten Kleeblätter gemampft hat? Nicht etwa der arme kleine Max, sondern der große gemeine Romero. Schlimm ist das heutzutage mit diesen Alphatieren. Muss mal dringend schauen, ob das so in meinem Vertrag als Beistellpony drinsteht, dass ich immer nur das bekomme, was der übriglässt. Wenn er was übriglässt.
Der Knaller war ja dann, bis wir wieder auf eine richtige Wiese durften, hatte ich aus Frust soviel Heu gefuttert, dass ich so ein kleines Bäuchlein bekommen habe. Ok, bei meinen kurzen Beinchen sieht das wirklich unvorteilhat aus und die Besitzerin sah das wohl genauso. Sie murmelte etwas von "zu dick" und "schlecht für die Beine" und schnallte mir - MAN FASST ES KAUM! - eine Fressbremse um. So einen Maulkorb mit einem kleinen Loch unten, wo so drei-vier Grashalme durchpassen. Damit ich keine REHE kriege, angeblich hat das die Tierärztin gesagt.. Hm, Rehe hüpfen hier genug herum. Und die tragen alle keine Fressbremse. Ich lach mich tot.
Nur der Romero, der war vor lauter Frust so schmal geworden, dass er aussah wie ein Fahrrad. Höhö. Das hab ich ihm aber mal gegönnt. Der Vorteil war allerdings, dass DER wiederum ohne Fressbremse auf die Weide durfte, um wieder etwas runder zu werden. Die Welt ist ungerecht, oder?
Dann habe ich mein Ponysein ausgenutzt, um mal durch den Zaun zu schlüpfen und nebenan auf dem Hof den Mädels meine Aufwartung zu machen. Das Ergebnis hier war ebenfalls frustrierend: Die Stuten haben mich ausgelacht, weil ich so klein bin ( sie meinten, ich wäre ein guter Kumpel, aber mehr können sie sich nicht vorstellen und so, ne) und dann bin ich tatsächlich auf den Trick mit dem Leckerlie-Eimer hereingefallen. OMG, werdet ihr jetzt denken, der ist doch wirklich simpel gestrickt, der kleine Max. Dabei wollte ich nur mal Leckerlies abgreifen, ohne dass das große fuchsige Monster auch etwas (den Großteil nämlich) bekommt.
So, falls euch mein Gejammer hier jetzt noch nicht komplett in die Flucht geschlagen hat, könnt ihr ja demnächst hier lesen, wie es mir weiter so ergangen ist.
Und nicht vergessen: Wer immer euch heute so auf den Keks gegangen ist, dass ihr ausrasten könntet, geigt ihm eure Meinung oder startet einen Blog, wo ihr euch auskotzen könnt. Befreit ungemein. ;-)

Vielleicht darf ich bald nochmal an die Tastatur, wenn Romi wieder draussen rumschleicht. Bis dahin bleibe ich
Euer Mäxchen  (Augen auf bei der Berufswahl!!!)



1 Kommentar:

  1. Ja, echt, wenn die Menschen das endlich mal lernen würden, dass ein Pony IMMER am Verhungern ist! *Trostmöhre reich*

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