Donnerstag, 14. August 2014

Copine - Liebe auf den ersten Blick!

Ich poste in mehreren Foren unter dem Nicknamen "Copine". Der Name kommt aus dem Französischen und bedeutet soviel wie "Freundin, Kameradin".
Und es war der Name meines ersten eigenen Pferdes. Eine kleine braune Stute aus der Westfälischen Zucht mit Trakehner-Einschlag väterlicherseits.
Mit jedem Posting, dass ich unter diesem Pseudonym verfasse, erinnere ich mich gerne an sie. Sie war mir eine tolle Freundin und Sportkameradin. Dieses Jahr wäre sie 31 Jahre alt geworden. Leider ist sie vor sechs Jahren auf die Große Weide gegangen und ich vermisse sie immer noch sehr. Wer weiss, vielleicht schickt sie mir ja irgendwann mal einen vierhufigen Nachfolger vorbei? Ich würde ihn oder sie erkennen, da bin ich mir sicher. Denn es war schon so etwas wie Magie, was mich an ihr so faszinierte.
Ich war nämlich gar nicht auf der Suche nach einem eigenen Pferd (anders als Nel Blu neulich *g* Lieben Gruß auch von hier an dich!).
Ich hatte damals einen Job als Pferdewirtin, also Mädchen für alles, in einem Reitverein. Ich hatte genügend Pferde um mich zum Versorgen, zum Reiten und an Boxen zum Ausmisten herrschte ebenfalls kein Mangel. Wozu also ein eigenes Pferd?
Sie gehörte meinem damaligen Chef, dem Reitlehrer. Dieser kam mit einer bunten Mischung von Pferden auf den Hof und bekam alsbald soviel Berittpferde, dass seine eigenen etwas unterbeschäftigt waren. So fragte er mich eines Tages, ob ich nicht Lust hätte, seine Copine wenigstens alle zwei Tage zu arbeiten. Doch, hatte ich, da eines meiner Berittpferde gerade verkauft worden war und das Angebot kam mir gerade recht. Wir wurden uns einig und so hatte ich die braune Stute, die nach ihrem Mutterschutz wieder antrainiert werden sollte, in Beritt. Sie wäre in der Dressur bis A geritten und beim Springen sauergekocht worden, erfuhr ich vom Besitzer, also mit bunten Stangen wäre da gar nichts zu machen. Das störte mich anfangs wenig, denn ich wollte sie ja erstmal in Ruhe kennenlernen.
Vorsichtig sollte ich sein, denn sie scheute vor allem Möglichen und rannte dann um ihr Leben. Mit ihren großen Augen nahm sie die Welt bzw. ihre neue Umgebung mit Misstrauen und Argwohn wahr und das tat mir in der Seele leid. Ich wollte ihr zeigen, dass das alles gar nicht so schrecklich ist und holte sie so oft wie möglich aus ihrer Box, die etwas abseits lag, hoch zur Halle, wo immer etwas los war. Schulbetrieb mit Großpferden und Ponys, Voltigieren, viele ambitionierte Freizeit- und Turnierreiter mit allen möglichen Sorten von Pferden, vom Reitelefanten mit 1,85 Stockmass bis zum Minishetty war alles dabei. Copine war sehr schüchtern, rannte, wenn das Hallentelefon klingelte, rannte, wenn auf der Holztribüne etwas zu Boden fiel oder die Stallkatzen hinter der Bande wuselten, rannte, wenn unvermittelt ein anderes Pferd in der Bahn mal scheute oder auch nur einen Pups losließ.
Insgesamt war Copine also nicht wirklich das Rundum-Wohlfühlpaket von einem Pferd. Dass sie sich in einem nur schwer auszusitzenden Trab bewegte, kam noch dazu. Allerdings war dieser Trab nicht das, was man von einer eher kleinen, pummeligen, leicht überbauten Stute erwartete. Copine hatte nämlich zwei Versionen von Arbeitstrab parat. Version 1:  Dieser Trab war schwungvoll, raumgreifend und hatte einen Ausdruck, der aus der oben beschriebenen Copine ein Zauberwesen machen konnte, das geradezu bodenverachtend über selbigen zu schweben schien. Das ganze Pferd - sonst eher unscheinbar - erlebte hier eine totale Metamorphose zu einem Zauberwesen. Es fehlte praktisch nur noch das Einhorn zwischen den wundervollen, sprechenden Augen.
Den Reiter liess sie insoweit ebenso elegant wirken, sobald er in der Lage war, diese Bewegung hervorzurufen und auszusitzen. Sie konnte allerdings - Version 2! - ebensogut stockelig mit durchgedrücktem Rücken und Hirschhals traben und das war gelinde ausgedrückt weitaus weniger elegant. Die Dame hatte Charakter. Es gab Tage, da stieg ich heulend von ihr ab und warf meine Stiefel in die hinterste Ecke, bereit, sie nie mehr hervorzuholen und aufgrund meines reiterlichen Versagens nur noch Schweife zu verlesen und Hufe einzufetten. Dieser Zustand hielt aber nur gut 23 Stunden an (immerhin!) und dann sass ich wieder auf Copines Rücken. Gleichwohl konnte sie ihren Reiter auch in den Himmel heben mit ihrem Zaubertrab (den man nach einer gewissen Eingewöhnung dann doch gut sitzen konnte im Vergleich zum "Ich-hab-heut'-keine-Lust-und-Migräne"-Trab, der wirklich schrecklich war). Und diese Momente wollte ich wieder erleben. Ich wollte von ihr lernen, mich dafür quälen, um ihr gerecht zu werden. Und das klappte von Woche zu Woche besser. Immer seltener flogen die Stiefel durch die Gegend, immer seltener versuchte Copine im Renngalopp die Bahn zu verlassen, immer seltener wurden die Taschentücher, die mir Reiterkolleginnen reichten, um ihrem Mitgefühl Ausdruck zu verleihen.
Ausgerechnet in dieser Phase des Weiterentwickelns, wo wir mehr und mehr zu einer Einheit zusammenwuchsen und ich mich täglich mehr in ihr Wesen hineinfand, kam der Chef mit einer Hiobsbotschaft vorbei. Aus Zeitmangel sollten drei von seinen vier Pferden verkauft werden. Eines davon war Copine.
Ein gutes Vierteljahr hatte ich nun mit Copine verbracht. Meine anderen Berittpferde profitierten davon, dass ich Copine ritt und durch den Einzelunterricht hatte ich einige Aha-Effekte erhaschen können, die sich auch auf die anderen Pferde gut anwenden ließen.
Traurig trug ich ihren Sattel weg. Für morgen hatten sich schon Interessenten angemeldet. Die Frage, ob ich sie vorreiten wolle, beantwortete ich mit Grabesstimme: "Ja, wenns sein muss."
Es musste. Er wollte die Kunden betreuen, während ich Copines Vorzüge präsentieren sollte. Als dann tags drauf eine vierköpfige Familie auf uns zusteuerte, während ich die Stute gerade von Sägespänen im Schweif befreite, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Plötzlich hörte ich nur noch so etwas wie eine Explosion, sprang reflexartig zur Seite und sah dann nur noch Funken sprühen und Copines Hinterteil ( und den halbfertigen Schweif) um die Ecke preschen. Das Halfter hing zerrissen zu Boden, den Hufschlag der Stute hörte man leiser werdend die Zufahrtsstrasse herunter im Dreischlag.
Dem Chef entgleisten die Gesichtszüge. Was war geschehen?
Der Familienvater hatte lediglich die Hand ausgestreckt, um ihr über die Nüstern zu streicheln. Und schwupps, war sie weg.


Wie in einer spannenden Fernsehserie mache ich jetzt hier eine kleine Werbeunterbrechung, um  den Spannungsbogen zu erhöhen. Diese Geschichte wird natürlich in Bälde fortgesetzt. ;-)

Hier noch ein Portrait von Copine, so hängt es an meiner Wand über meinem Schreibtisch:


 Da war das Halfter noch heile!
Was immer ihr heute anfassen wollt, fragt erst, ob es auch genehm ist!;-)
Eure Copine 

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