Mittwoch, 24. Dezember 2014

Es ist soweit: Frohe Weihnachten!

Falls ihr es noch nicht wusstet: In der Heiligen Nacht, also der vom 24. auf den 25. Dezember, können die Tiere in Menschensprache sprechen. Sie nutzen diese Gelegenheit aber nur, wenn sie wissen, dass der Mensch, der dies eventuell mitbekommen könnte, auch in der Lage ist, sie zu verstehen! Das heisst, man kann ihnen nur lauschen, wenn man sie respektiert und ein offenes Herz für sie hat.
So begab es sich in der Heiligen Nacht im Jahre 1990, dass ich im Schulpferdestall auf meinem Rundgang mit Hund Rowdy spätabends erstmals folgendes Gespräch der Pferde mitbekam:

Dandy (räuspert sich): "Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben wieder ein Jahr als Lehrpferde miteinander verbracht und ich als Dienstältester frage euch, ob ihr irgendetwas zu beanstanden habt. Sind die Reitschüler gut zu euch? Schmeckt euch das Futter? Reicht euch der Weidegang? Ist eure Einstreu in Ordnung? Passt euch das Sattelzeug oder hat ihr da Verbesserungsvorschläge? Kurz gefragt: Fühlt ihr euch wohl in eurer Rolle?"


Ich traute meinen Ohren nicht. Was ist denn hier los? Bis dahin wusste ich nichts von der Legende, aber...

"Ich hätte da was", sagte Laetitia in die Stille. "Ich möchte gerne schöneres Heu bekommen, ich hab doch öfter Verdauungsprobleme. Und meine Trense drückt hinter dem linken Ohr."

"Notiere ich", sagte Dandy.

Die Ponys quiekten weiter hinten in ihrer Laufbox durcheinander: "Oh ja, mehr Heu! Und mehr Hafer! Und weniger Reitstunden! Und endlich einen ordentlichen Tarifvertrag!  Und der Schmied soll uns nicht immer "Rasenmäher" oder "Meerschweinchen" nennen!"

"Ruhig, ihr Kleinen!" versuchte Dandy zu beschwichtigen. "Und der Reihe nach: Nein, nein, nein, vielleicht, vielleicht. Den Part mit dem Hafer könnt ihr ganz streichen, ihr wisst doch, dass euch der nicht bekommt."
Dandy wusste aus eigener Beobachtung, wie sich die Anzahl heruntergefallener Ponykinder mit der Gabe von Kraftfutter jeglicher Art häufte.
"Außerdem seid ihr alle pummelig genug, außer Prinz vielleicht. Den solltet ihr mal mehr an euer Futter lassen, auch wenn er sich immer die Ponykinderschokolade unter den Nagel reisst. Er hat es nicht leicht gehabt. Und über den Schmied solltet ihr euch nicht beschweren. Er ist der einzige im Umkreis, der euch Shettys noch die Hufe machen will, wo ihr doch immer so frech seid. Er meint es doch nicht böse." beendete Dandy seine Standpauke.
"BUUHH", kam es aus der Ponylaufbox zurück. Ein paar Öhrchen gingen beleidigt zurück, wurden aber nach ein paar Sekunden wieder neugierig Richtung Stallgasse gespitzt.

Etwas schüchtern meldete sich der Vollblüter "Merlin" zu Wort: "Ähm, äh, ich bin ja neu hier und der Job als Schulpferd ist mir irgendwie zu langsam. Ich komme ja von der Galopprennbahn!. Kann man nicht dafür sorgen, dass mich jemand kauft, der sich mit mir ins Gelände traut und mich mal rennen lässt? Ich werde auch ganz artig mein Dressurabitur machen und gerne ein paar Springstunden." Errötend über seinen Vorschlag, der ihm etwas unverschämt erschien, zog sich Merlin wieder hinter seinen Futtertrog zurück und senkte den Kopf.

"Merlin", antwortete Dandy im ernsten Ton. "Ich als Vorsitzender der Schulpferde habe einen gewissen Draht nach oben. Weisst du was? Wenn du das nächste Mal eine Sternschnuppe aus deinem Boxenfenster heraus erblickst, dann schliesst du die Augen und wünscht dir das ganz feste. Du darfst das aber keinem sonst erzählen, sonst wird das nichts. Ok?"

"Oh, das ist ja ein super Tipp. Danke, Dandy!" sagte Merlin erfreut und schubste sein Boxenfenster weit auf, um den Nachthimmel zu betrachten.

"Noch jemand irgendwas? Macht schnell, die Sprechstunde ist gleich schon wieder für ein Jahr vorbei!" rief Dandy noch einmal in die Boxengasse. Gebrummel kam auf, aber nichts verständliches.

Die kleine Stute Angelina, die oft in den Anfängerstunden an der Longe ging, fasste sich noch ein Herz und rief mit ihrer hellen Stimme: "Die eine kleine Rothaarige kneift mich im Trab immer in den Hals, dabei bin ich da so empfindlich! Und ich möchte gerne so ein Gelpad haben wie Laetitia, die Anfänger sitzen ja noch nicht so gut und ich habe manchmal Rückenschmerzen. Danke fürs Zuhören."

"Gut, das habe ich auch. Ich werde das wie gesagt weiterleiten. Bitte macht so weiter wie bisher, auf gute Zusammenarbeit und vielleicht springen ja noch ein paar Weidestunden mehr heraus als letztes Jahr. Ich danke euch!" endete Dandy seine Ansprache.

Ich war wie vom Donner gerührt. Sollte dieser alte Schimmel mit seiner Beissmacke, dafür aber wundervollen dunklen Augen ein Sendbote des Allmächt'gen sein?

Nun, ich hatte ja einiges mitbekommen. Vielleicht konnte ich ihm behilflich sein und einige Wünsche der Schulpferde erfüllen.
"Mach das mal", sagte plötzlich Rowdy zu mir, stupste mich an und liess mich sprachlos stehen.

Ich wünsche euch allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest und hört auf eure Tiere!



Alles Liebe
Euer Copinchen

PS:  Merlin wurde tatsächlich im Jahr drauf an seine treue Pflegerin verkauft. Angelina bekam ihr Gelkissen (und ich stellte fest, dass sie beim Reiten ganz leicht den Hals fallen liess, wenn man sie am Widerrist kraulte), es wurde noch mehr auf gute Heuqualität geachtet und eine eigene Koppel für die Schulpferde gebaut. Laetitia bekam ein neues schmaleres Stirnband aus weichem Leder zu Weihnachten. Nur die Ponys wurden weiterhin "Rasenmäher" und "Meerschweinchen" genannt. ;-)

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