Mittwoch, 10. Juni 2015

Wie die Jungfrau zum Kinde....

kamen meine Kollegin und ich dereinst zu Nachwuchs. Nein, nicht in Form eines Menschenkindes, das wäre ja biologisch auch eine ziemliche Sensation gewesen, sondern der Kleine wieherte und wedelte eifrig mit seinem kleinen Schweifchen.
Natürlich waren wir auch nicht die leiblichen Mütter des Hengstchens.
Jene stieß im Sommer 199irgendwann als Schulpony zu unserer Reitschule. Die Liste der Reitschüler wurde so lang, dass ein weiteres Pony benötigt wurde. Gesagt, getan, Pony wurde angeschaut, ausprobiert und eingepackt. So betrat die kleine schwarze Dolly den Hof und sie war schnell beliebt bei den Kindern und wurde liebevoll umsorgt. Fleißig und eifrig trabte und galoppierte sie in den Stunden, ließ ihre Reiter nie im Stich und machte auch außerhalb der Reithalle einen guten Eindruck. Die anderen Ponys akzeptierten sie im Nu und sie wurde bald ein vollwertiges Mitglied der Herde.
Alle waren glücklich und zufrieden.
So ab Mitte Herbst wurde Dolly allerdings immer träger, wollte nicht mehr so recht eifrig traben und schon gar nicht galoppieren und hatte sich scheinbar auch einen ordentlichen Weidebauch angefressen. So dachten wir, wir Naiven.
"Vielleicht ein Infekt?" fragten wir uns, als Dolly eines Morgens teilnahmslos in der Ecke ihrer Box stand und das dargereichte Heu nicht anrühren mochte. "Oder eine Kolik?"
Der Tierarzt war keine 10 Minuten später da, untersuchte die kleine schwarze Stute und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ein Grinsen bei einem Tierarzt bedeutet schon mal nicht den nahen Tod des Tieres, das er gerade behandelt, es bedeutet aber auch, dass man an etwas völlig naheliegendes nicht gedacht  bzw. sich dämlich angestellt hat. Ein solches Grinsen kann bedeuten, dass man sich schnell ein leeres Mauseloch suchen sollte oder alternativ sich wünschen, dass die Erde sich auftut und einen verschlänge. Irgendetwas Peinliches ist jedenfalls im Anmarsch.
Nach der gründlichen Untersuchung des Flankenbereichs (Oha, doch eine Kolik?) richtete er sich auf, strahlte uns beide an, als hätten wir soeben den Jackpot gewonnen, reichte uns seine kräftige Hand und freute sich augenscheinlich zu verkünden: " Herzlichen Glückwunsch! "
Verdattert schauten wir uns an. Häh? Zu einer Kolik muss man doch nicht gratulieren?
"In vier Wochen ist es soweit: Ihr bekommt ein Fohlen!!" Innerlich kugelte sich der Doc bereits vor Lachen beim Blick in unsere fassungslosen Gesichter.
Na klar! Jetzt, wo er es sagt. Dolly ist ja völlig im Muttimodus! Sie schob mittlerweile eine ordentliche Kugel mit sich spazieren, war nicht mehr allzu nett zu ihren Mitponys und wirkte alles in allem abgespannt. Sogar das kleine Euterchen war bereits geschwollen.
Ich wäre im Leben nicht drauf gekommen. Da kauft man ein Pony und bekommt quasi noch eins gratis dazu.
"Weiss man, wer als Vater in Frage kommt?" fragte der Doc, nach wie vor schmunzelnd.
"Wir haben hier gar keinen Hengst", erwiderte ich, nachdem mir die Sprache wieder eingefallen war vor Staunen. "Sie ist ja erst seit Juli hier!"
"Dann ist sie tragend verkauft worden. Hat der Verkäufer nix gesagt?"
"Nee. Den rufen wir gleich mal an!"
Der Verkäufer druckste am Telefon erst ein wenig herum, fragte, ob wir Dolly nun zurückgeben wollten und dafür ein anderes Pony. Das kam natürlich überhaupt nicht in Frage! Dolly war uns ja bereits ans Herz gewachsen und so ein Fohlen ist doch auch eine spannende Sache für alle hier.
Dann erzählte uns der Züchter, dass einmal eines der jungen Minishettyhengste ausgebüxt und möglicherweise dabei einige Stuten auf der Nachbarkoppel beglückt haben könnte.
Ouha. Dolly selbst war eine "Zwischengröße", deutlich größer als ein Minishetty und daher für etwas größere Kinder bestens geeignet. "Rasenmäher" für die kleinen hatten wir ja einige im Stall, für den Übergang wurde Dolly angeschafft. Aber wie war das rein technisch möglich?
"Kleine Hengste geraten auch an ihr Ziel. Aber es muss Liebe gewesen sein...", sinnierte der Züchter. Naja, passiert ist passiert. Und nun standen uns spannende Tage und Wochen bis zur Geburt ins Haus bzw. in den Stall.
Die Kinder nahmen diese Nachricht begeistert auf und fortan konnte sich Dolly vor Besuch von Eltern und Geschwistern unserer ReiterInnen nicht mehr retten. Sie hatte schon eine Einzelbox bekommen, da sie die Frotzeleien von Harry und Henry, den beiden frechsten Shettys, nicht mehr erdulden sollte. Und alle brachten ihr was Gutes mit: Vitamine in Form von Äpfeln und Möhren und/oder Bananen, eine tolle rosa Bürste (extra soft) fürs Fohlen, falls es ein Stütchen wird und noch eine in Himmelblau. Eine besorgte Mutter brachte sogar Kakaobutter und Babyöl mit: "Ich habe meine Tina lange gestillt und ich weiss, was sie da durchmacht." Nunja, man leidet eben mit und will das auch zeigen.
Auch liefen schon Wettbewerbe und Ausscheidungskämpfe für die Namensgebung. Man musste die Mädels regelrecht bremsen, sonst hätte das Fohlen sich kaum aus dem Mutterleib herausgetraut! Jedenfalls hatte noch keines von ihnen oder ihre Mütter einen Strampelanzug mitgebracht. Ob allerdings schon mit dem Gedanken daran gespielt wurde, wird ihr Geheimnis bleiben. ;-)
So gingen Tage ins Land, Dolly wurde immer breiter und stand manchmal einfach nur da und lauschte nach innen. Anscheinend hatte der Doc mit dem Termin nicht allzu falsch gelegen.
Es blieben also nur noch vier Tage und Nächte bis zur Geburt. Die Feldbetten standen parat, es war zum Glück nicht allzu kalt und nichts sprach dagegen, Stallwache zu halten. Diese Geburt wollten wir auf keinen Fall verpassen. Doch....
Ihr werdet verstehen, wenn ich hier einen Break mache, denn das war wirklich eine kuriose Angelegenheit. Also, dranbleiben, wenn ihr erfahren wollt, was (und wie!) da tatsächlich ins Stroh purzelte! ;-)

Liebe Grüße
Euer Copinchen!

PS.: Eine alte portugiesiche Züchterweisheit sagt: Wenn man es am wenigsten erwartet, entspringt ein Fohlen.
Wie wahr, wie wahr!

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