Sonntag, 11. Oktober 2015

Trainingstagebuch: Traumatherapie für meine Wenigkeit!

Heute bin ich mal diejenige, die ein wenig mentales Training nötig hat. Die Schafs-Krise von Romi ist auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen! Tja,  Mäxchen hat ja schon seine Eindrücke berichtet, und ich kann euch sagen: Das war wirklich ein schlimmer Anblick für Romi, dieses unverhofft auftauchende Schaf. Er hat sich gar nicht mehr beruhigen wollen und ich befürchtete schon eine Stresskolik bei ihm! Alles in allem hat mich die Situation auch durcheinandergebracht und ehrlicherweise gebe ich zu: Ich hatte ziemlich Schiss davor, dass er mir abhaut und sich dadurch wieder am Bein verletzt! Weiterhin bin ich schon von aufgeregten Pferden mehr oder weniger niedergetrampelt worden und auch dieses Erlebnis hängt mir noch nach. Ich riss mich noch zusammen, bis Romi sich in seinem sicheren Paddock ohne Sichtkontakt zu Paarhufern befand, von Mäxchen und ein paar Trostmöhren betreut wurde und dann ließ ich meinen Emotionen freien Lauf. Überlegend, ob ich noch in der Lage bin, mich um Romi zu kümmern oder ob ich es besser sein lassen sollte. :-(

In den folgenden Tagen ließ ich immer wieder kritische Situationen mit Pferden Revue passieren lassen - und da kam schon einiges zusammen - die ich aber mehr oder weniger unverletzt überstanden hatte, es beschäftigte mich sehr, dass ich relativ unsouverän nach Hause gefahren bin. Und kam zu folgendem Ergebnis, als wieder Romi-Tag war: Rein in die Reithosen und ab zum Stall und mal gucken, wie weit ich komme (übrigens ein Lebensmotto von mir).
Ich fand zwei zufrieden grasende Pferde (ok, eineinhalb Pferde..) auf der Koppel vor, die angewetzt kamen, als ich sie rief. Dies liegt aber - da bin ich realistisch - nicht ausschließlich an meiner Person, sondern auch an dem Möhrenbeutel, den ich stets mitzubringen pflege. Das wissen die Burschen natürlich und besonders das Mäxchen fährt da voll drauf ab. Ich betrachte es quasi als Gastautorenhonorar für ihn. Romi betrachtet es allerdings als eine Zumutung, dass der kleine Kerl was bekommt, obwohl ER ja die Arbeit mit mir hat. ;-)

Nun wird es spannend: Hat Romi seine Aufregung verkraftet oder macht er so weiter, wie er neulich aufgehört hat?
Ich halftere ihn und binde ihn am Putzplatz an. Er hampelt ein wenig herum. Hmm. Zuvor habe ich mich gründlich vergewissert, ob die Gegend schaffrei ist. Hab zum Glück keines gefunden. Wer hat hier eigentlich das Schaftrauma von uns beiden?
Ich schiebe den Gedanken schnell beiseite und putze den Großen gründlich. Gründlicher als sonst. Ich zögere also. Ordne Sattelzeug und beobachte. Will ich da wirklich wieder drauf?
Ja, ganz klar. Chaps an, Sattel drauf und Reitplatzbegehung. Mit Romi im Schlepptau, wie immer, schauen, ob dicke Steine rumliegen, die Pylonen neu anordnen, die Gegend abchecken. Hoffentlich lassen sich die Treibjäger noch Zeit mit ihrem Treiben.
Ok, alles prima, aufsitzen. Er ist etwas hampeliger als sonst und schaut sich genauso gründlich um, aber er war schon nervöser. Letztes Jahr zum Beispiel, nach 2 Monaten nur Schritt und Stallarrest. Habe ich auch überstanden.
Weiter. Schritt reiten zur Genüge, halten, stillstehen, anreiten. Immer mal wieder. Ich pfeife ein bißchen vor mich hin, er dehnt sich, entspannt sich.
Traben lassen, ok, er zuckt mal, wenn eine Kastanie zu Boden kracht oder der Absetzer vom Stall weiter hinten am Weg nach seiner Mama ruft. Aber nix wildes. Romi benimmt sich und ich fasse wieder Vertrauen. Sogar eine anständige Galopparbeit kriegen wir hin! Und ich fühle mich wieder wohl in seinem Sattel.
Das Drama des vergangenen Tages war: Ich sass noch drauf, er sieht das Schaf, erstarrt zum Denkmal und sein Kopf und sein Schweif kommen immer höher in die Luft: Sicheres Zeichen für bevorstehende Eskalation mit Bocken und Steigen womöglich! Ich: leichenblass obendrauf und Autos drumherum, gepflasterter Untergrund und Abspringen wird immer unmöglicher! Und wenn er mich abwirft und abhaut, dabei wieder einen Sehnenschaden erleidet und damit auch noch Richtung brüllender Absetzer auf der Wiese in Wurfweite rennt: Ogottogottogott!
Irgendwann hab ich mich dann abgeseilt und im nächsten Moment sprang er auch schon in die Luft. Die Zügel hatte ich festgehalten, als hinge ich damit über einem Abgrund. Ihn an der Hand Richtung Stall geschubst, wo er zitterte und schwitzte und im Minutentakt äppelte. Zum Abtrensen brauchte ich mehrere Minuten, so unruhig war sein Kopf und so zittrig waren auch schon meine Hände. Eine schlimme Situation.
Heute: ganz anders. So langsam liefen wir wieder in der normalen Routine. Und sogar eine halbe einwandfreie Kurzkehrtwendung war drin!
Ich lobte ihn überschwänglich und mich auch ein wenig im Geiste und beendete den Dressurteil. Nun galt es aber noch, mit Romi an der Hand an der kritischen Stelle vorbeizugehen. Sonst würden wir wohl den Hof nicht mehr verlassen können und das wäre doch schade!
Ein wenig aufgeregt war ich schon, als ich den Fuchs an der Stelle vorbeiführte, an dem das Schaf ihn so aus der Contenance brachte. Und er schaute sich auch wirklich sehr aufmerksam um, ob wieder eine Begegnung der Dritten Art mit Määäh auf ihn zukam. Betont langsam schritt ich vorneweg, wollte ihm klarmachen, dass kein Anlass zur Eile vorlag.
Und - er folgte brav am langen Zügel. Musste natürlich einmal zucken, um mir ein ebensolches einzujagen, weil eine Kastanie aufs Hausdach fiel. Puh.
Zufrieden gingen wir wieder zurück zum Stall. Oh man, ich bin immer noch froh, dass ich hingefahren bin und nicht einfach gekniffen habe. Diese Traumatherapie war ein Pflichtprogramm für mich, denn ansonsten hätte ich die Reitbeteiligung wohl aufgegeben. Und der innere Schweinehund hätte einen großen Sieg verbuchen können.
Und das wäre doch wirklich schade, oder?
Es grüßt euch
euer therapiertes
Copinchen! :-))

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