Freitag, 22. Mai 2015

Der schwarze Hund und das Meer: Ein Komet am Reiterhimmel!

Ok, in diesem Beitrag geht es nicht in erster Linie um Rowdy, der "sein" Meer mittlerweile heiss und innig liebt, nachdem wir bereits eine ganze Woche an der belgischen Küste verbracht haben. Wir, das sind meine Oma, ihre Cousine und meine Großtante Marie, Hund Rowdy eben und meine Wenigkeit. Ein Weibertrio vor dem Herrn also, und es war im Prinzip genau wie früher, als ich mit 12 oder 13 Jahren mit Oma und Geschwistern hier aufgeschlagen war. Sogar der Ton, der von den Damen mir gegenüber angeschlagen wurde, war gleich geblieben. Mittlerweile schrieben wir aber das Jahr 2001 und ich hatte bereits meinen 31. Geburtstag gefeiert, nicht erst den 13. ;-)
"Kind, wenn du mit dem HUND zum Meer gehst, bring doch ein Stück Kuchen für uns mit."
"Ja, Oma. Mache ich! Den Bienenstich?"
"Ja, den für fünf Mark. Kannst du das denn in belgische Franc umrechnen?"
*Ungläubigguck*
"OMAA! HALLOO! Ich bin er-wach-sen und habe keine vier mehr in Mathee!
Es sind 102 BFr und ein paar Cent."
"GUUT, Kind."
Tante: "Es kann nicht schaden, ab und zu mal etwas Kopfrechnen zu üben." *Zeigefinger zusammen mit einer Augenbraue heb*
"Ich we-heiiss, ich übe das ständig! Rowdy komm, wir gehen zum Strand!"
Rowdy kommt freudig angeschossen, die Leine im Fang und strahlt mich an. Ihm ist meine Mathenote egal, Hauptsache er kann schwimmen gehen.
"Was soll'n wir mit dem Kind noch machen. Es sind nur 101 BFr und 55 Cent!" höre ich Oma noch sagen. Und dann rufen: "Kind, sei aber um drei wieder da! Dann ist der Kaffee fertig!"
"Jaahaa!" rufe ich über den Rücken zurück und dann sind wir auch schon um die Ecke. Die Damen sind zuweilen wirklich anstrengend.
-
Der Kuchen ist verputzt und ich frage am Kaffeetisch die Tante nach einer Möglichkeit zum Reiten am Meer. Ich weiss, dass meine Cousinen vor Jahren (die waren ja dauernd dort) oft zum Reiten gegangen sind. Und das wollte ich auch gerne mal machen. Was habe ich als Kind die ReiterInnen am Strand beneidet und ihnen sehnsüchtig hinterhergeschaut!
Die Tante weiss die Adresse noch und es ist einige Kilometer entfernt. Sie erklärt sich aber bereit, mich mit ihrem Auto hinzubringen und wieder abzuholen. Ich freue mich wie Bolle (hatte ich doch extra Helm und Chaps eingepackt) auf dieses Erlebnis und schon geht es los. Oma mahnt wie immer: "Kind, sei vorsichtig und fall' mir nicht vom Pferd!"
Dass ich inzwischen vom Pferdesport und Reiten lebe und sogar eins besass, scheint sie irgendwie verdrängt zu haben. Aber gut, sie hat ja recht, vorsichtig sein mit Pferden schadet nie und runterfallen ist auch nicht so lustig.  Außerdem hat sie mir den Trip spendiert und da will man ja mal nicht so sein.
"Klar, Oma. Ich passe auf!" umarme sie kurz, schnappe mir meinen Helm und bin -HURRAA- schon durch die Tür.
Am Hof angekommen, staune ich erstmal. Hier stehen über 30 Pferde und die sind für Gruppenausritte mit Touristen buchbar, bei Nachweis einer gewissen Kompetenz darf man auch mal ohne Führung reiten. Aber nur mindestens zu zweit und auch nur für eine Stunde. Der Gruppenritt dauert hingegen 2 1/2 Stunden. In Ermangelung einer Begleitperson (Tante liess sich absolut nicht dazu überreden, mitzureiten!) buchte ich im Büro den Gruppenritt, der auch schon in einer halben Stunde starten sollte. Man fragte nach meiner Reiterfahrung, kassierte die 500 BFr, also ca. 25,- DM, und gab mir eine Karte, wo der Name "Komet" und ein Foto desselben abgedruckt war. Damit sollte ich mich beim Berittführer melden, der sei im Stall. Mein nur marginal ausreichendes Französisch reichte immerhin aus, ein Pferd für den Ritt zu ergattern, der beinahe ausgebucht war. "Oui, Madame" rief ich und war schon auf dem Weg zum Stall. Tante schaute kopfschüttelnd hinter mir her. "Ich bin dann in zweieinhalb Stunden wieder daaa!" rief sie und ich nochmal "Oui, Madame" und dann witterte ich den Stall und war in einer anderen Welt.
Mein Blick fahndete nach dem braunen Wallach von der Karte und einem Boxenschild, dass jenigen als "Komet" auswies. Und da war er auch schon! Der Berittführer begrüßte mich nett auf Deutsch, brachte mir Putzzeug, Sattel, Trense und ein Martingal. Ich sattelte den Braunen und er half mir sogar dabei. Komet war ca. 1,70m Stock groß, nicht unbedingt der Ruhigste und man merkte, der wollte auf keinen Fall im Stall zurückbleiben. Aufgeregt rief er nach seinen Kameraden, die draußen schon warteten, ich war ein wenig spät dran. Endlich war alles zum Aufsitzen gerichtet, der Berittführer namens Jaques half mir in den Sattel, bevor er sich auf sein Pferd schwang. Alles in allem schien es eine gute Gruppe von 10 Pferden zu sein, deren Reiter schon routiniert wirkten. Ich klopfte meinen Kometen und stellte fest, dass sein Name eventuell Programm sein könnte. Aber so what! Ich fühlte mich wohl im Sattel des Braunen, auch wenn er zackelte und ein wenig den Kopf warf, ich durfte einen Strandausritt machen und das fand ich supertoll. Ich hätte sogar ein Wildpferd oder ein Muli geritten, wenn es sein musste. Komet war weich im Maul, neigte dazu, sich aufzurollen und machte auch mal einen mittleren Buckler, wenn es im Trab durch die Dünen ging. Jaques warf mir öfters einen Blick zu und fragte, ob ich klarkäme. "Oui, alles ok" antwortete ich strahlend und er strahlte zurück Jaques war ein Pferdemensch, genau wie ich, und er machte einen guten Job als Reitlehrer und Berittführer.
Nach einer kleinen Achterbahn im ordentlichen Trab durch die Dünen kamen wir dann am Meer an. Komet war geschwitzt, kaute aufgeregt auf seiner Wassertrense und schlug ein paarmal mit dem Kopf, als er das Meer erblickte. Ich klopfte ihn, wohl wissend, dass gleich die Post abginge, sobald Jaques der Nette seinen Arm hob und nach vorn ausstreckte. Wir sollten alle in einer Reihe reiten und auf sein Zeichen achten. Erst versuchte ich noch, Komet ein wenig mit halben Paraden zurückzunehmen, aber dann....
AAAALLLLEEEEEZZZZZ ! Ab die Post!
Ich ließ ihn gewähren, passte nur auf, dass wir die Spur hielten und nicht anderen den Weg zu kreuzen. Es war himmlisch und eine der intensivsten Erfahrungen, die ich je zu Pferd machen durfte. Einfach grandios!
Diese Weite, das blaue Meer, die stampfenden Hufe, der Rhythmus, dieses Gefühl, frei zu sein und fliegen zu können. Das erlebt man nur auf dem Rücken eines Pferdes am Meer entlang, im gestreckten Galopp. Auf einmal hatte ich das Gefühl, eins zu sein in der Bewegung mit Komet, vorwärts, vorwääärts, ein Wille, ein Gedanke, alles hinter sich zu lassen.
Ich wollte NIE WIEDER aufhören zu galoppieren und Komet hatte richtig Speed im Hintern. Die ersten fielen hinter uns schon wieder in den Trab, mein Brauner bemerkte das und wurde höflich langsamer. Er war so weich und sanft in der Bewegung, ich hätte ihn am liebsten geknutscht. Als er wie die anderen hinter ihm in den Schritt fiel und wir kurz warteten - nur Jaques mit seiner Halbblutstute hatte mitgehalten- umarmte ich Komets kräftigen Hals vor mir und bedankte mich für den tollen Galopp. Er schnaubte freundlich.
Zurück ging es wieder durch die lange Dünenlandschaft, ein kleines Traberchen inklusive, dann durch den Ort und dann standen wir schon wieder am Stall. Viel zu schnell ging dieses pure Glück zuende. Ich bedankte mich bei Jaques für die tolle Führung und bei Komet noch einmal für alles, was ich auf ihm erleben durfte. "Du sollst es immer gut haben" flüsterte ich in sein Ohr und gab ihm noch den Apfel, den Oma mir für ihn zugesteckt hatte. Sein Trog war auch gefüllt mit ordentlichem  Kraftfutter und in der Ecke seiner Box wartete ein Berg Heu guter Qualität auf ihn. Seine Box war sauber gemistet und ein Mädchen nahm mir den Sattel und das Zaumzeug ab. "Merci" sagte ich dankbar und sie sah mein nachhaltiges Strahlen, lächelte mich an. "Komet ist kein einfaches Pferd, aber er sucht sich seine Reiter aus. Er ist schon ein paarmal alleine wiedergekommen. Die, die er wieder heimbringt, schwärmen allerdings in den höchsten Tönen von ihm", erzählte sie in gebrochenem Deutsch. Ich nickte "er ist wirklich toll und er ist wirklich ein Komet!" strahlte beide noch mal an und hörte dann erst die Hupe vom Wagen der Tante, die bereits seit einer halben Stunde auf mich wartete.
"Ich musste den Komet doch noch absatteln", merke ich an. "Dafür haben die hier LEUTE", entgegnet die Tante. "Entschuldigung, aber das mach ich lieber selbst, der Ausritt war übrigens TOLL! Danke fürs Fahren, Tante." lächele ich lieb und die Gesichtszüge der Tante werden beinahe weich. "Schön, wenn es dir Freude gemacht hat, Kind" sagt sie und ahnt dabei gar nicht, WIE sehr.

Ich hoffe, der tolle Komet hat es weiterhin gut gehabt und noch einigen begeisterten ReiterInnen  so viel Freude gemacht wie mir. Ich habe das niemals vergessen und werde es wohl auch nicht. :-)

Liebe Grüße
Euer im Nachhinein noch begeistertes Copinchen!




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