Donnerstag, 7. Dezember 2017

Blogventskalender, Türchen Nr. 7: Nicht schlecht für Anfang Dezember!


Es roch nach frischem Gras, die Sonne schien warm auf ihr dunkelbraunes Fell und ein riesengroßer Apfelbaum spendete nicht nur seine leckeren Früchte, sondern auch wohltuenden Schatten.

Montana schlug staunend die Augen auf und blickte sich verwundert um.

"Nicht schlecht für Anfang Dezember", murmelte sie leise. Gestern war noch soo ein Mistwetter mit Wind, Regen, ein paar Schneeflocken dazwischen bei 4 Grad!
Was war bloß geschehen? Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie an diesen netten Ort gekommen sein mochte. War es ein Ausritt oder gar eine Fahrt im Pferdehänger? Immer noch verwundert wackelte sie probeweise mit ihren langen Ohren. Genau diese, die man ihr so oft gekrault hatte, was sie immer sehr genoss. Nur zuletzt mochte sie es gar nicht mehr. Diese Schmerzen!
Montana hob den Kopf, zwickte sich selber ins Vorderbein und stellte fest, dass das auch wehtat. Also träumte sie gerade gar nicht, sondern das war tatsächlich die Wirklichkeit! Bis auf den kleinen Zwicker am Bein hatte sie aber jetzt gar keine Beschwerden mehr, das wurde ihr plötzlich bewusst. Wie sie so in sich hineinlauschte, hörte sie aber ein nur allzu bekanntes Geräusch: Magenknurren. Hunger!
Dann wurde es wohl tatsächlich Zeit, sich zu erheben und die neue Umgebung weiter auszukundschaften. Eine schöne Grasmahlzeit und so zwei, drei Äpfel wären jetzt genau das Richtige.

Sie stand langsam auf - es fiel ihr noch sehr schwer - und schüttelte ihre Mähne und ihr dichtes Winterfell, das ihr plötzlich viel zu warm wurde. Und schon flockte der Pelz in Büscheln von ihr ab und legte sich wie ein seidenweicher Teppich auf den Boden rings um ihre Hufe. Glänzendes Sommerfell trat an dessen Stelle und ihre Mähne legte sich lang in dichte Wellen. Sogar der Schweif wirkte plötzlich wie runderneuert und glänzte mit dem Sommerfell um die Wette! Sie fror nicht einen Moment während dieses spontanen Fellwechsels. Ihr schöner Stern auf der Stirn leuchtete schneeweiss zwischen ihren Augen, ebenso wie ihre drei weißen Fesseln. Und wieder kniff sie sich selbst in die Seite, ob es nicht doch einfach nur ein Traum wäre. Ein Wiehern aus der Ferne ließ sie aber schnell wieder aufblicken. Sie war nicht allein!

"Hallo, Montana! Herzlich willkommen auf der Großen Weide, ich hoffe, du hast gut hergefunden!" hörte sie jemanden rufen.  Und diese angenehm klingende Stimme kam ihr nicht unbekannt vor. Sie hatte ihn schon einmal nach ihr rufen hören, als sie diese schlimmen Hustenattacken hatte. Wer war wohl dieser Unbekannte?

Plötzlich entdeckte sie ein kleines, schneeweißes Pony hinter einem blühenden Busch hervorlugen. Seine Öhrchen waren freundlich gespitzt und seine großen dunklen Augen hatten einen wunderbar warmen Ausdruck. Sie waren zum Teil unter einem wunderbaren hellgrauen Schopf verborgen, blitzten aber unternehmungslustig darunter hervor. Und noch etwas lag in diesen Augen, etwas, was Montana noch nicht deuten konnte.

Noch bekam sie keinen Ton hervor, mit dem sie diese nette Begrüßung erwidern hätte können. Es fühlte sich alles noch so taub an, so unreal.

Mit kleinen Trippelschritten kam das Schimmelchen näher und stupste die große Braune mit seinen samtweichen Nüstern an.
"Bitte hab keine Angst, Montana. Ich weiss, dass dir das alles noch  sehr seltsam vorkommen muss. Aber das ist ganz normal. Das gibt sich bald. Das wichtigste, was du jetzt wissen musst, ist: Du bist angekommen."

Verwundert blickte Montana auf den wirklich winzigen Artgenossen herunter, der sie einmal umkreist hatte und sie nun auffordernd anschaute. Woher wusste er eigentlich ihren Namen?

"Mein Name ist übrigens Nadim, und sicherlich fragst du dich gerade, woher ich deinen Namen weiss?"

Montana nickte und ihre langen Oldenburger Ohren wackelten dabei neugierig.

"Nun, ich weiss ihn halt", sagte Nadim und deutete ein Lächeln an. "Magst du mir folgen?"

Wieder nickte Montana, obwohl sie sich gerade fragte, ob sie nun die Ohren mal anlegen sollte, wegen der frechen Antwort des Ponys. Normalerweise hätte sie ihn zurechtgewiesen, aber Nadim hatte so eine friedliche Aura, dass sie ihm gar nicht böse sein konnte.

Nadim nickte ihr zu und stellte sich an ihre linke Seite. In der Ferne konnte die Braune plötzlich Hufgetrappel hören, Wiehern und sogar quieksige Fohlenstimmchen waren dabei. Neugierig spitzte sie ihre Ohren und setzte sich in Gang, Nadim an ihrer Seite wissend.

Vor ihnen tat sich eine Brücke auf, die in Regenbogenfarben schimmerte. Von Nadim angestupst, setzte Montana vorsichtig einen Vorderhuf auf den schillernden Untergrund. Und dann den zweiten und schließlich die Hinterhufe.

Plötzlich fühlten sich ihre kräftigen Beine federleicht an, eine lange vermisste Energie durchströmte ihren Körper und auch die Taubheit verflog aus ihrem Kopf und ihrem Körper. Erst schritt sie voran, dann fiel sie in einen schwingenden Trab und den Rest der Brücke überwand sie in einem geradezu schwebenden Galopp, als wenn ihre Hufe den Untergrund gar nicht mehr berühren müssten. Erst jetzt wagte sie einen Laut zu äußern und der kam direkt aus ihrem Herzen. Das gellende Wiehern ließ die Herde, die schon auf sie zu warten schien, innehalten. Nadim lächelte zufrieden.

"Lauf, Montana. Du bist frei."

Seine dunklen Augen glänzten plötzlich so silbern wie sein üppiger Schweif, und es war die pure Weisheit, die aus ihnen leuchtete. Montana verstand plötzlich, was mit ihr geschehen war.

"Gar nicht schlecht für Anfang Dezember" brummelte sie noch einmal, hielt vor Nadim noch einmal an, strich ihm sanft mit dem Maul über die Stirn. "Ich danke dir, Nadim!"

Schelmisch zwinkerte das Schimmelpony ihr zu. "Du bist frei", wiederholte er. "Sie warten schon auf dich!"

Montana blickte zu Nadim, dann zu den anscheinend wirklich im Sonnenschein wartenden Pferde und dann noch einmal zu Nadim. Dann wendete sie perfekt auf der Vorhand und war im nächsten Moment Teil der Herde derer, die über die Regenbogenbrücke gingen...



Für Montana, die ich sehr vermissen werde.







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