Sonntag, 24. Dezember 2017

Blogventskalender-Finale: Türchen Nr. 24!

Nun ist er da, der Heilige Abend, und an diesem doch sehr besonderen Tag fühlt  man überall eine erhabene, besinnliche Stimmung. Dabei ist es egal, ob man -wie ich gerade - durch den Wald läuft oder durch die historische Altstadt. Man begegnet Sportsfreunden, Hundespazierern und auch jene, die im festlicher Gewandung zum Brunchen in das hiesige, sündhaft teuere und auch sündhaft kalorienproduzierende Szenecafé pilgern.
All jenen, die mir gerade begegneten, all jenen, die regelmäßig hier vorbeischauen (oh ja, das tun tatsächlich einige!) und allen, mit denen ich in diesem Jahr lachen, weinen, zanken, arbeiten, tratschen, Sport treiben, Musik machen und noch so vieles mehr machen konnte, wünsche ich ein friedliches Weihnachtsfest mit lauter erfüllten Wünschen. Und sage: Danke, dass ihr alle da seid! :-)

Bevor ich jetzt aber zu besinnlich werde, überlasse ich den Rest des 24. Türchens einem alten Meister der Poesie und seinem viel zitierten Werk. Viel Spaß beim Lesen oder/und Vortragen!

Knecht Ruprecht

Ruprecht: Habt guten Abend, alt und jung
bin allen wohl bekannt genung.
Von drauß vom Walde komm ich her;
ich muß Euch sagen es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein sitzen;
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
Knecht Ruprecht, rief es alter Gesell,
hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
Alt und Junge sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
und morgen flieg ich hinab zur Erden,
denn es soll wieder weihnachten werden!
So geh denn rasch von Haus zu Haus.
such mir die guten Kinder aus,
damit ich ihrer mag gedenken
mit schönen Sachen sie mag beschenken.
Ich sprach: O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist.
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo’s eitel gute Kinder hat.
Hast denn das Säcklein auch bei dir?
Ich sprach: Das Säcklein, das ist hier,
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
freßen fromme Kinder gern.
Hast denn die Rute auch bei dir?
Ich sprach: die Rute die ist hier.
Doch für die Kinder, nur die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten.
Christkindlein sprach: So ist es recht.
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!
Von drauß, vom Walde komm ich her,
Ich muß euch sagen es weihnachtet sehr!
Nun sprecht wie ich’s hierinnen find:
sind’s gute Kind., sind’s böse Kind?
Vater: Die Kindlein sind wohl alle gut,
haben nur mitunter was trotzigen Mut.
Ruprecht: Ei, ei, für trotzgen Kindermut
ist meine lang Rute gut!
Heißt es bei Euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?
Vater: Wie einer sündigt so wird er gestraft;
die Kindlein sind schon alle brav.
Ruprecht: Stecken sie die Nas auch tüchtig ins Buch,
lesen und scheiben und rechnen genug?
Vater: Sie lernen mit ihrer kleinen Kraft,
wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.
Ruprecht: Beten sie denn nach altem Brauch
im Bett Ihr Abendsprüchlein auch?
Vater: Neulich hört ich im Kämmerlein
eine kleine Stimme sprechen allein;
und als ich an die Tür getreten,
für alle Lieben hört ich sie beten.
Ruprecht: So nehmet denn Christkindleins Gruß,
Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß;
probiert einmal von seinen Gaben
morgen sollt ihr was beßeres haben.
Dann kommt mit seinem Kerzenschein
Christkindlein selber zu euch herein.
Heut hält es noch am Himmel Wacht;
nun schlafet sanft, habt gute Nacht.

(Theodor Storm)

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