Mittwoch, 10. Juli 2019

Katzengespräche

Nicht jede Katze - das unterstelle ich jetzt einfach mal - ist ein Quell der unendlichen Weisheit. Manch eine hat zu viel zu tun, um sich um ihre Besitzer zu kümmern, andere wiederum interessieren sich genauso viel oder so wenig um ihren Zweibeiner, wie sie es umgekehrt entgegengebracht bekommen. Diejenigen, die z.B. als Schadnagerbekämpfer auf Bauern- oder Reiterhöfen jobben, sind natürlich anderweitig eingebunden. Aber es gibt ja auch Katzen mit therapeutischen Fähigkeiten, und dazu zähle ich meine wunderbare bezaubernde Jeannie.
Fest steht, dass unsere Fellnasen wesentlich mehr mitbekommen, als wir denken. Ob sie es für sich behalten oder uns damit konfrontieren, ist von Mieze zu Mieze verschieden. In dieser Reihe mit dem Titel "Katzengespräche" werde ich mal fiktiv umschreiben, was die bezaubernde Jeannie mir hin und wieder mitteilt. Der Einfachheit halber beschreibe ich dies in Verbalform, auch wenn die Kommunikationswege zwischen uns recht vielfältig sind.
"BJ" steht hier natürlich für "Bezaubernde Jeannie", meine Wenigkeit umschreibe ich mal mit "Ich".

Heute früh, halb acht im Wolkenkuckucksheim. Die Kaffeemaschine brodelt und rauscht im Hintergrund. Ich warte auf dem Sofa auf die erste Tasse des Lebenselixirs. BJ guckt mich skeptisch an, setzt sich neben mich und wackelt mit dem Schwänzchen. Ihr Ohrenspiel verrät, dass ihr etwas durch den Kopf geht.

BJ:" Hast du mal auf die Uhr geguckt? Müsstest du nicht, wie sonst auch, längst fluchtartig die Wohnung verlassen haben, um zu "arbeiten", wie ihr Zweibeiner das nennt?"
Ich: "Ich weiss, dass es später ist als sonst. Ich war gestern beim Doc. Der war der Meinung, ich wäre krank und müsste heute nicht zur Arbeit."
BJ: "Dein Arzt muss es wissen. Aber weisst du es auch?" Prüfender Blick aus ihren großen grünen Augen.
Ich (fühle mich irgendwie ertappt): "Nun, mir tut nichts weh außer ein bisschen Kopfschmerzen. Die hat man ja hin und wieder mal. Und gebrochen ist auch nichts. Es geht mir gut. Der Doc meinte aber, ich .."
BJ: "Stop! Nicht weiterreden." Beschwichtigend legt sie mir ein Pfötchen aufs Knie. Ich halte inne und merke, dass ich mich rechtfertige. Ihre Augen blinzeln mich aus halb geschlossenen Lidern an, das internationale Zeichen für ein Katzenlächeln.
Ich streiche ihr über Kopf und Rücken und blinzle zurück. Eigentlich kann ich auch nur blinzeln, denn durch meinen gestrigen Heulkrampf sind meine Augen noch dick geschwollen.
BJ: (schnurrend): "Bitte lass dir helfen. Es geht dir eben nicht gut. Deine Artgenossen halten deine Fassade für real, aber dein Doc ist ein erfahrener, weiser Mann. Akzeptiere, was er sagt und vorschlägt."
Ich: "Das sagt mir ein Wesen, das alles tut, um zu verhindern, in einen Korb gepackt und zum Tierarzt gebracht zu werden? Der Tierarzt ist auch weise!"
BJ: "Damit spiegele ich dein Verhalten, wenn du Hilfe von außen annehmen sollst." 
 BÄM. Touché. Ich glaube, ein Grinsen in ihrem Gesichtchen zu entdecken, während sie sich dekorativ ein Pfötchen ableckt.

Immerhin, die bezaubernde Jeannie redet nicht um den heißen Brei herum. Ich streichle ihr über das Köpfchen, blinzele sie an und nicke. Verdammt, das könnte hinkommen. Ich stehe auf, gehe in die Küche und hole mir Gurkenscheiben, um meine Augenlider zu kühlen.
Radikal akzeptieren ist eine schwere Übung und da stehe ich (wieder) ganz am Anfang. Danke dir,  bezaubernde Jeannie. Wenn ich dich nicht hätte. 







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