Dienstag, 17. Juli 2018

Maxchen bloggt ein Sommer-Special: Wenn einer eine Reise tut... Vol.I

... dann kann er was erleben!
Hallo, liebe Freunde des gepflegten Sommerurlaubstrips! Heute erzähle ich euch mal eine kleine nette Geschichte aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz, wie man einen Reiterurlaub mit dem eigenen Pferd NICHT antreten sollte. Romi und ich hatten uns neulich über das Hängerfahren unterhalten, und da kam die Erinnerung an diese wirklich lebhafte Geschichte in mir wieder hoch!

Aber von vorne: Es geht um einen netten Letten, also ein Schweres Lettisches Warmblut namens Bolle, den wir mal in einem Reitstall kennengelernt haben. Ja, Romi und ich hatten nicht immer das Paradies auf Erden hier in der Mischvieh-WG mit offenen Türen, sondern auch mal ein wirklich extrem langweiliges Jahr in einer "Legebatterie", wie ich solche Reitanlagen seither nenne. Also reine Boxenhaltung mit nur wenig Weide- oder Paddockgang, und mit Glück ein Stündchen Bewegung in einer ollen staubigen Reithalle.
Dort war Bolle der direkte Nachbar von uns - wir teilten uns eine große Box und wurden auch gerne "Die Unzertrennlichen" genannt! Unsere Zweibeinerin hat wirklich alles getan, um uns den vorübergehenden Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, aber Bolle hatte das volle Entertainment-Programm von seinem Besitzerpaar, einer leicht hysterisch anmutenden Mittzwanzigerin und ihrem Mann, einem selbst ernannten Pferdeflüsterer mit Aszendent "Guru". Der geneigte Leser weiss wohl nur zu gut, was ich damit meine!
Obwohl er nicht mal 15 Reitstunden auf dem Buckel hatte, konnte er vom Boden aus jederzeit prima beurteilen, warum das mit dem harmonischen Miteinander von Pferd und meist Reiterin nicht funktionieren konnte. Beide waren gern gesehene Mitglieder im Reitclub, und am gernsten wurde es gesehen, wenn sie die Tür vom Reiterstübchen oder der Halle von außen zumachten. Bolle selbst trug sein Schicksal und seine Reiterin natürlich meist mit Gleichmut und weigerte sich derweil, über die weiteren Auswirkungen seines Daseins als Freizeitpferd mit täglichem Pärchenabenden nachzudenken. Das ist auch besser so, raunte ich Romi so oft in sein fuchsiges Araberöhrchen, wenn Bolle wieder mal Dienst am Menschen in der Reithalle tat. Meist kam er nur mäßig gelaunt wieder zurück in seine "gute Stube", um mit osteuropäischen Akzent über seine Erlebnisse zu berichten.
"Chat sich Frauchen wiedär niecht vor dem Reiten lokchärgemaacht. Mein Rükchen iest nur noch krummes Bräät. Gaanz krummäs Brräät." klagte er oft. Romi und ich nickten mitleidig und gaben ihm einen Teil unserer Heuration, um ihn wieder aufzumuntern. Fressen war seine Lieblingsbeschäftigung, und so wurde aus einem schweren lettischen Warmblüter mit der Zeit ein richtig schweres lettisches Warmblut...
Man sagt im Volksmund, mit den Jahren würden sich Haustier und deren zweibeinige "Besitzer" immer ähnlicher. In diesem speziellen Fall möchte ich mich aber klar von dieser Aussage distanzieren: Bolle hatte zwar auch - ähnlich wie seine Leute - einen leicht erhöhten Body Mass Index, aber charakterlich war er tatsächlich das genaue Gegenteil: Ein angenehm ruhiger Bursche, der auch dem hier und da zur Hibbeligkeit neigenden Romi als Kumpel gut tat und bei unseren zeitlich eher knapp bemessenen Weidezeiten gerne seinen ausgeprägten Widerrist kraulte, was den Großen Tollpatsch immer sichtlich entspannte. Von Bolle lernte ich auch meine Skills als Ein- und Paarhuferpsychotherapeut, denn seine Tipps im Umgang mit dem Menschen waren mehr als Gold wert und von daher schätzte ich ihn sehr als Fachwallach für besonders komplizierte Fälle. Aber was der folgene Frühsommer für ihn auf Lager hatte, das hätten wir alle nicht für möglich gehalten!
Wir sonnten uns gerade im Matschpaddock mit dem Rest vom Winterpelz in der warmen Aprilsonne, als Bolles Frauchen mit der Knallernachricht um die Ecke brauste.
"Bolle, komm ma her! Ja koommm ma heeer! Hier, ich hab ein zuckerfreies Leckerlie aus Biomöhren mit Sojapanade für dich, ganz neu auf dem Markt sind die! Leckerleckerleckerleckerlecker!"
Bolle drehte mit einer geradezu verzweifelten Mine seinen mächtigen Kopf zu uns. Wenn Bolles Frauchen die neuesten Neuheiten aus der Pferdefutterszene im Gepäck hatte, dann gab es eigentlich regelmäßig Grund zur Besorgnis. Da war doch wieder was im Busch!
Mit einem tiefen Seufzer sahen wir auch Herrchen heraneilen. Mit messerscharfem Blick analysierte er die Situation: Bolle schien nicht begeistert von der neuesten Leckerliecréation aus dem Hause "Mühlengold". Sofort ergriff er nicht nur die Initiative, sondern auch das so ziemlich wie ein Häufchen Hühnermist aussehende Superleckerlie.
"Du gehst das völlig falsch an, meine Liebe. Schau, er muss sich doch erst mit dem Geruch des Leckerlies vertraut machen. Das KENNT er ja noch gar nicht!" redete er auf seine Gattin ein.
"Du immer mit deinem Vertraut machen. NATÜRLICH vertraut Bolle mir, Oder glaubst du etwa nicht?" Ihre Augen verengten sich zu hufmesserscharfen Schlitzen, in der ZweibeinerInnen-Körpersprache heisst das: Männeken, lauf, so schnell du kannst. Dieses Gefecht kannst du nicht gewinnen!
Ich stupste Romi an, und er zählte herunter: Drei .... zwei .... eins....ZERO!
"Mit dir KANN man einfach nicht vernünftig reden! IMMER musst du alles in Frage stellen. IMMER!"
"ICH WOLLTE BOLLE NUR DIESES LECKERLIE GEBEN UND NICHT UNSERE EHE AUSDISKUTIEREN! VERDAMMT NOCH MAL!"
Wir glaubten beide, auf Bolles dunkelbraunem Gesicht mit der breiten Blesse und dem langen, lockigen Schopf ein breites Grinsen zu erkennen. Dann drehte er sich um, um mit einem Holzstöckchen zu spielen. Das Leckerlie war bereits vergessen und die Witterung desselben interessierte ihn auch nicht mehr...
Während die beiden Zweibeiner weiter lautstark ihre Beziehung in Frage stellten, kam der Reitlehrer von Bolles Frauchen einherspaziert. "Hallo, ihr beiden. Naaa? Wie gehts? Morgen abend wieder Dressurstunde mit Bolle?" unterbrach er die Streithähne gut gelaunt. Reitlehrer bringen nicht nur ReiterInnen das Reiten bei, sondern sind auch oft gute Psychologen und Paartherapeuten.
"Hallo Alex! Ach, das wollte ich dir noch sagen, morgen abend geht nicht. Da reiten wir mit Bolle aus. Er braucht ein bißchen Kondition für den Strand-Reiterurlaub in 3 Wochen." Sie lächelte ihn voller Vorfreude auf dieses Event an. Moment mal. Dieses Event? Warum hat Bolle uns denn davon noch nichts erzählt? Das haut ja den stärksten Gaul um: Ein Strand-Reiterurlaub mit Bolle in der vierbeinigen Hauptrolle! Da brat mir doch einer 'nen Storch! Romi sah mich an und ich sah Romi an und wir dachten wohl beide dasselbe: Der weiss davon noch gar nix!!!

Und wenn ihr wissen wollt, wie Bolle diese frohe Botschaft verkraftet hat, dann lest beim nächsten Teil wieder fleißig mit! :-)

Bis dahin schöne Sommertage wünscht euch
euer Mäxchen!

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