Tja, liebe Freunde des gepflegten Überraschungsausflugs, so ist das nun mal im Leben. In einem Moment ist die Welt noch einigermaßen in Ordnung und im nächsten...;-)
.. und so geht die Geschichte weiter:
Leise, ganz leise, damit Bolle nicht auf uns aufmerksam wurde (der Ahnungslose spielte immer noch mit seinem Birkenknabberast), stupste ich den Großen Tollpatsch an: "Sollen wir es ihm schonend beibringen oder warten wir einfach ab?"
"Nicht jetzt, Mäxchen", antwortete Romi ebenso leise. "Später, im Stall, wenn wir unter uns sind", fügte er mit einem Blick auf die gespitzten Ohren der Stute Rosi hinzu. Rosi war das Informationsmedium in unserer Weidegemeinschaft: Aktueller als eine Onlinezeitung, dramatischer als ein Spielberg-Film und schneller als ein Gepard im Beuteanflug. Rosi eben. Und die hatte wohl Wind von der Neuigkeit bekommen. Warum können Zweibeiner nicht EINMAL unauffälliger agieren!
"HUHUUUU!" schallte es bereits von der Nachbarweide herüber und Rosi kam betont lässig zum Zaun galoppiert. "Alles gut bei euch Jungs?"
"Jaja, Rosi, alles bestens, bei euch Mädels?" entgegnete ich ebenso lässig.
"HABT IHR SCHON GEHÖÖÖRT?"zwitscherte Rosi aufgeregt."DIE RONJA HAT BEIM TURNIER DEN VORLETZTEN GEMACHT!" Rosi schüttelte sich vor Lachen und wieherte albern. "Den VORLETZTEN! Dabei tut sie immer so gebildet, aber nichtmal eine A-Dressur vernünftig hinkriegen. HIHIHIHIIIHIHI!"
"Ah, äh, naja. Man kann ja nicht immer gewinnen, ne?" zwinkerte ich der eigentlich hübschen Schimmelstute zu. Wenn sie nicht so geschwätzig wäre, wäre sie eigentlich auch eine Julia für Romi. ;-)
Der hingegen war nicht gerade in Flirtlaune, nicht mal zum Tratsch am Koppelzaun aufgelegt. Um nicht am Gespräch teilnehmen zu müssen, tat er so, als hätte er ein leckeres Grasbüschel gefunden und schnoberte über den Boden.
"DU ROOOMIIIII?" flötete Rosi. Sie jedenfalls wäre nicht uninteressiert an einer kleinen Romanze.
"Was meinst du, welche Farbe würde am besten zu meinen Augen passen? Meine Zweibeinerin will mir ein neues Halfter kaufen. Pink? Lindgrün? Oder besser ein Gestreiftes?" Sie klimperte mit ihren wirklich üppigen Wimpern.
Romi brachte nur ein staubtrockenes - was ja kein Wunder war, denn das Gras wuchs noch nicht so recht - "Blau. Nimm einfach blau" hervor. Aufs Flirten verstand er sich prächtig. Aber wer soll es ihm verdenken, an solche Banalitäten zu denken, wenn sein zweitbester Freund Bolle soeben in Gefahr geraten war?
"BLAU IST ABER DOCH EHER WAS FÜR ALTGEWORDENE SPRINGTUSSIS, FINDEST DU NICHT? ICH BRAUCH WAS HIPPES, FRISCHES FÜR MEINEN SPIRIT!"
"Dann geh doch zu NETTO" knirschte Romi. Er, der selber eitel ist bis in die Schweifspitze, hatte dafür nun gerade so gar keinen Sinn. "Komm, Mäxchen. Wir müssen etwas besprechen." murmelte er mir zu und Seite an Seite schritten wir auf Bolle zu, ans andere Ende der Koppel.
"BIS SPÄTER MAAAL, JUNGS! GRÜSST DEN DICKEN BOLLE VON MIIIIR!" rief Rosi hinter uns her. Sie war anscheinend ein bißchen traurig, dass ihre Neuigkeit bei uns nicht auf Begeisterung gestoßen ist, und ihr neues Halfter wohl auch nicht wirklich.
"Bolle, wir sind doch gute Freunde, ne?" eröffnete Romi das Gespräch. Bolle blickte auf, ließ Birkenast Birkenast sein und schluckte. Gespräche, die so eröffnet werden, haben meistens keinen besonders erfreulichen Inhalt.
"Ja, Romi. Bis in den Tod. Wir drei. Romi, Mäxchen und Bolle."
"So nämlich. Wir wollen dir was berichten, was wir eben von deinen Leuten mitbekommen haben. Du musst tapfer sein. Ganz tapfer."
Nur wer Bolle gut kannte, konnte erkennen, wie seine Ohrenspitzen zu zittern begonnen hatten.Verdattert suchte er nach Worten.
"Ist sich einer von ihnen kraank? Oder beide? Lassen sich scheiden und können nicht sich einigen, wer bekoomt Bolle? Oder .. oder soll ich mit ihr zu Tunier? Oh njet, das ist sich gaanz bestimmt, ein Turnier...!"
Bolle stand das Wasser in den Augen und sein Hals begann zu schwitzen. Seine Ohren zitterten nun komplett. Ein Turnier war sein absoluter Horror. Er zeigte sich nicht gern vor vielen Leuten und Pferden.
"Nein, so beruhige dich doch", versuchte ich es ganz vorsichtig. "Es ist .. äh.. etwas völlig anderes und vielleicht wird es sogar ganz lustig."
"GANZ LUSTIG?" Rosi von Gegenüber hatte ihre Ohren überall. "WAS IST GANZ LUSTIG?"
"Oh nein, nicht dass die das jetzt mitbekommt. Los, ab hinter den Baum dahinten, Jungs!"
Im Galopp stoben wir davon, hinter der alten Erle war es windgeschützt, da konnte Rosi lauschen, wie sie wollte.
Und Romi ließ die Katze aus dem Sack, kurz und unvermittelt: "Bolle, du fährst mit deinen Leuten demnächst in den Strandurlaub. Kein Turnier, keine Scheidung, keine Krankheit. Es ist halt nur... Strandurlaub."
Bolle erbleichte unter seinem braunen Fell im Gesicht und seine langen Ohren zitterten nicht mehr, sie hingen jetzt seitwärts hinunter. "Stranduuurlaub" wiederholte er tonlos. "Mit Chäf und Chääfien."
Romi und ich nickten langsam.
"Uund ohne oich."
Wir sahen uns an und nickten wieder.
"Laasst micch allain. Icch muuss denken nach." sagte Bolle mit Grabesstimme. Der freute sich ja nun nicht gerade wie Bolle. Was man aber auch guut kann verstähen.
Wie es weitergeht, erfahrt ihr in der nächsten Folge. Wird Bolle jetzt durchdrehen? Wird Chääfien durchdrehen? Wird Chääf durchdrehen? Es bleibt spannend! ;-)
BEYOND GOOD AND EVIL - WELCOME TO MY WORLD! Das Leben ist kein Ponyhof und manchmal bekommt die zweite Maus erst den Käse. Hier bekommt ihr einen kleinen Eindruck meiner Gedanken über alltägliche Dinge, mit denen wir uns herumschlagen müssen, meine Tiere und den Rest der Welt. :-) Ihr könnt mich auf Twitter treffen unter @Copine001!
Sonntag, 22. Juli 2018
Dienstag, 17. Juli 2018
Maxchen bloggt ein Sommer-Special: Wenn einer eine Reise tut... Vol.I
... dann kann er was erleben!
Hallo, liebe Freunde des gepflegten Sommerurlaubstrips! Heute erzähle ich euch mal eine kleine nette Geschichte aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz, wie man einen Reiterurlaub mit dem eigenen Pferd NICHT antreten sollte. Romi und ich hatten uns neulich über das Hängerfahren unterhalten, und da kam die Erinnerung an diese wirklich lebhafte Geschichte in mir wieder hoch!
Aber von vorne: Es geht um einen netten Letten, also ein Schweres Lettisches Warmblut namens Bolle, den wir mal in einem Reitstall kennengelernt haben. Ja, Romi und ich hatten nicht immer das Paradies auf Erden hier in der Mischvieh-WG mit offenen Türen, sondern auch mal ein wirklich extrem langweiliges Jahr in einer "Legebatterie", wie ich solche Reitanlagen seither nenne. Also reine Boxenhaltung mit nur wenig Weide- oder Paddockgang, und mit Glück ein Stündchen Bewegung in einer ollen staubigen Reithalle.
Dort war Bolle der direkte Nachbar von uns - wir teilten uns eine große Box und wurden auch gerne "Die Unzertrennlichen" genannt! Unsere Zweibeinerin hat wirklich alles getan, um uns den vorübergehenden Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, aber Bolle hatte das volle Entertainment-Programm von seinem Besitzerpaar, einer leicht hysterisch anmutenden Mittzwanzigerin und ihrem Mann, einem selbst ernannten Pferdeflüsterer mit Aszendent "Guru". Der geneigte Leser weiss wohl nur zu gut, was ich damit meine!
Obwohl er nicht mal 15 Reitstunden auf dem Buckel hatte, konnte er vom Boden aus jederzeit prima beurteilen, warum das mit dem harmonischen Miteinander von Pferd und meist Reiterin nicht funktionieren konnte. Beide waren gern gesehene Mitglieder im Reitclub, und am gernsten wurde es gesehen, wenn sie die Tür vom Reiterstübchen oder der Halle von außen zumachten. Bolle selbst trug sein Schicksal und seine Reiterin natürlich meist mit Gleichmut und weigerte sich derweil, über die weiteren Auswirkungen seines Daseins als Freizeitpferd mit täglichem Pärchenabenden nachzudenken. Das ist auch besser so, raunte ich Romi so oft in sein fuchsiges Araberöhrchen, wenn Bolle wieder mal Dienst am Menschen in der Reithalle tat. Meist kam er nur mäßig gelaunt wieder zurück in seine "gute Stube", um mit osteuropäischen Akzent über seine Erlebnisse zu berichten.
"Chat sich Frauchen wiedär niecht vor dem Reiten lokchärgemaacht. Mein Rükchen iest nur noch krummes Bräät. Gaanz krummäs Brräät." klagte er oft. Romi und ich nickten mitleidig und gaben ihm einen Teil unserer Heuration, um ihn wieder aufzumuntern. Fressen war seine Lieblingsbeschäftigung, und so wurde aus einem schweren lettischen Warmblüter mit der Zeit ein richtig schweres lettisches Warmblut...
Man sagt im Volksmund, mit den Jahren würden sich Haustier und deren zweibeinige "Besitzer" immer ähnlicher. In diesem speziellen Fall möchte ich mich aber klar von dieser Aussage distanzieren: Bolle hatte zwar auch - ähnlich wie seine Leute - einen leicht erhöhten Body Mass Index, aber charakterlich war er tatsächlich das genaue Gegenteil: Ein angenehm ruhiger Bursche, der auch dem hier und da zur Hibbeligkeit neigenden Romi als Kumpel gut tat und bei unseren zeitlich eher knapp bemessenen Weidezeiten gerne seinen ausgeprägten Widerrist kraulte, was den Großen Tollpatsch immer sichtlich entspannte. Von Bolle lernte ich auch meine Skills als Ein- und Paarhuferpsychotherapeut, denn seine Tipps im Umgang mit dem Menschen waren mehr als Gold wert und von daher schätzte ich ihn sehr als Fachwallach für besonders komplizierte Fälle. Aber was der folgene Frühsommer für ihn auf Lager hatte, das hätten wir alle nicht für möglich gehalten!
Wir sonnten uns gerade im Matschpaddock mit dem Rest vom Winterpelz in der warmen Aprilsonne, als Bolles Frauchen mit der Knallernachricht um die Ecke brauste.
"Bolle, komm ma her! Ja koommm ma heeer! Hier, ich hab ein zuckerfreies Leckerlie aus Biomöhren mit Sojapanade für dich, ganz neu auf dem Markt sind die! Leckerleckerleckerleckerlecker!"
Bolle drehte mit einer geradezu verzweifelten Mine seinen mächtigen Kopf zu uns. Wenn Bolles Frauchen die neuesten Neuheiten aus der Pferdefutterszene im Gepäck hatte, dann gab es eigentlich regelmäßig Grund zur Besorgnis. Da war doch wieder was im Busch!
Mit einem tiefen Seufzer sahen wir auch Herrchen heraneilen. Mit messerscharfem Blick analysierte er die Situation: Bolle schien nicht begeistert von der neuesten Leckerliecréation aus dem Hause "Mühlengold". Sofort ergriff er nicht nur die Initiative, sondern auch das so ziemlich wie ein Häufchen Hühnermist aussehende Superleckerlie.
"Du gehst das völlig falsch an, meine Liebe. Schau, er muss sich doch erst mit dem Geruch des Leckerlies vertraut machen. Das KENNT er ja noch gar nicht!" redete er auf seine Gattin ein.
"Du immer mit deinem Vertraut machen. NATÜRLICH vertraut Bolle mir, Oder glaubst du etwa nicht?" Ihre Augen verengten sich zu hufmesserscharfen Schlitzen, in der ZweibeinerInnen-Körpersprache heisst das: Männeken, lauf, so schnell du kannst. Dieses Gefecht kannst du nicht gewinnen!
Ich stupste Romi an, und er zählte herunter: Drei .... zwei .... eins....ZERO!
"Mit dir KANN man einfach nicht vernünftig reden! IMMER musst du alles in Frage stellen. IMMER!"
"ICH WOLLTE BOLLE NUR DIESES LECKERLIE GEBEN UND NICHT UNSERE EHE AUSDISKUTIEREN! VERDAMMT NOCH MAL!"
Wir glaubten beide, auf Bolles dunkelbraunem Gesicht mit der breiten Blesse und dem langen, lockigen Schopf ein breites Grinsen zu erkennen. Dann drehte er sich um, um mit einem Holzstöckchen zu spielen. Das Leckerlie war bereits vergessen und die Witterung desselben interessierte ihn auch nicht mehr...
Während die beiden Zweibeiner weiter lautstark ihre Beziehung in Frage stellten, kam der Reitlehrer von Bolles Frauchen einherspaziert. "Hallo, ihr beiden. Naaa? Wie gehts? Morgen abend wieder Dressurstunde mit Bolle?" unterbrach er die Streithähne gut gelaunt. Reitlehrer bringen nicht nur ReiterInnen das Reiten bei, sondern sind auch oft gute Psychologen und Paartherapeuten.
"Hallo Alex! Ach, das wollte ich dir noch sagen, morgen abend geht nicht. Da reiten wir mit Bolle aus. Er braucht ein bißchen Kondition für den Strand-Reiterurlaub in 3 Wochen." Sie lächelte ihn voller Vorfreude auf dieses Event an. Moment mal. Dieses Event? Warum hat Bolle uns denn davon noch nichts erzählt? Das haut ja den stärksten Gaul um: Ein Strand-Reiterurlaub mit Bolle in der vierbeinigen Hauptrolle! Da brat mir doch einer 'nen Storch! Romi sah mich an und ich sah Romi an und wir dachten wohl beide dasselbe: Der weiss davon noch gar nix!!!
Und wenn ihr wissen wollt, wie Bolle diese frohe Botschaft verkraftet hat, dann lest beim nächsten Teil wieder fleißig mit! :-)
Bis dahin schöne Sommertage wünscht euch
euer Mäxchen!
Hallo, liebe Freunde des gepflegten Sommerurlaubstrips! Heute erzähle ich euch mal eine kleine nette Geschichte aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz, wie man einen Reiterurlaub mit dem eigenen Pferd NICHT antreten sollte. Romi und ich hatten uns neulich über das Hängerfahren unterhalten, und da kam die Erinnerung an diese wirklich lebhafte Geschichte in mir wieder hoch!
Aber von vorne: Es geht um einen netten Letten, also ein Schweres Lettisches Warmblut namens Bolle, den wir mal in einem Reitstall kennengelernt haben. Ja, Romi und ich hatten nicht immer das Paradies auf Erden hier in der Mischvieh-WG mit offenen Türen, sondern auch mal ein wirklich extrem langweiliges Jahr in einer "Legebatterie", wie ich solche Reitanlagen seither nenne. Also reine Boxenhaltung mit nur wenig Weide- oder Paddockgang, und mit Glück ein Stündchen Bewegung in einer ollen staubigen Reithalle.
Dort war Bolle der direkte Nachbar von uns - wir teilten uns eine große Box und wurden auch gerne "Die Unzertrennlichen" genannt! Unsere Zweibeinerin hat wirklich alles getan, um uns den vorübergehenden Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, aber Bolle hatte das volle Entertainment-Programm von seinem Besitzerpaar, einer leicht hysterisch anmutenden Mittzwanzigerin und ihrem Mann, einem selbst ernannten Pferdeflüsterer mit Aszendent "Guru". Der geneigte Leser weiss wohl nur zu gut, was ich damit meine!
Obwohl er nicht mal 15 Reitstunden auf dem Buckel hatte, konnte er vom Boden aus jederzeit prima beurteilen, warum das mit dem harmonischen Miteinander von Pferd und meist Reiterin nicht funktionieren konnte. Beide waren gern gesehene Mitglieder im Reitclub, und am gernsten wurde es gesehen, wenn sie die Tür vom Reiterstübchen oder der Halle von außen zumachten. Bolle selbst trug sein Schicksal und seine Reiterin natürlich meist mit Gleichmut und weigerte sich derweil, über die weiteren Auswirkungen seines Daseins als Freizeitpferd mit täglichem Pärchenabenden nachzudenken. Das ist auch besser so, raunte ich Romi so oft in sein fuchsiges Araberöhrchen, wenn Bolle wieder mal Dienst am Menschen in der Reithalle tat. Meist kam er nur mäßig gelaunt wieder zurück in seine "gute Stube", um mit osteuropäischen Akzent über seine Erlebnisse zu berichten.
"Chat sich Frauchen wiedär niecht vor dem Reiten lokchärgemaacht. Mein Rükchen iest nur noch krummes Bräät. Gaanz krummäs Brräät." klagte er oft. Romi und ich nickten mitleidig und gaben ihm einen Teil unserer Heuration, um ihn wieder aufzumuntern. Fressen war seine Lieblingsbeschäftigung, und so wurde aus einem schweren lettischen Warmblüter mit der Zeit ein richtig schweres lettisches Warmblut...
Man sagt im Volksmund, mit den Jahren würden sich Haustier und deren zweibeinige "Besitzer" immer ähnlicher. In diesem speziellen Fall möchte ich mich aber klar von dieser Aussage distanzieren: Bolle hatte zwar auch - ähnlich wie seine Leute - einen leicht erhöhten Body Mass Index, aber charakterlich war er tatsächlich das genaue Gegenteil: Ein angenehm ruhiger Bursche, der auch dem hier und da zur Hibbeligkeit neigenden Romi als Kumpel gut tat und bei unseren zeitlich eher knapp bemessenen Weidezeiten gerne seinen ausgeprägten Widerrist kraulte, was den Großen Tollpatsch immer sichtlich entspannte. Von Bolle lernte ich auch meine Skills als Ein- und Paarhuferpsychotherapeut, denn seine Tipps im Umgang mit dem Menschen waren mehr als Gold wert und von daher schätzte ich ihn sehr als Fachwallach für besonders komplizierte Fälle. Aber was der folgene Frühsommer für ihn auf Lager hatte, das hätten wir alle nicht für möglich gehalten!
Wir sonnten uns gerade im Matschpaddock mit dem Rest vom Winterpelz in der warmen Aprilsonne, als Bolles Frauchen mit der Knallernachricht um die Ecke brauste.
"Bolle, komm ma her! Ja koommm ma heeer! Hier, ich hab ein zuckerfreies Leckerlie aus Biomöhren mit Sojapanade für dich, ganz neu auf dem Markt sind die! Leckerleckerleckerleckerlecker!"
Bolle drehte mit einer geradezu verzweifelten Mine seinen mächtigen Kopf zu uns. Wenn Bolles Frauchen die neuesten Neuheiten aus der Pferdefutterszene im Gepäck hatte, dann gab es eigentlich regelmäßig Grund zur Besorgnis. Da war doch wieder was im Busch!
Mit einem tiefen Seufzer sahen wir auch Herrchen heraneilen. Mit messerscharfem Blick analysierte er die Situation: Bolle schien nicht begeistert von der neuesten Leckerliecréation aus dem Hause "Mühlengold". Sofort ergriff er nicht nur die Initiative, sondern auch das so ziemlich wie ein Häufchen Hühnermist aussehende Superleckerlie.
"Du gehst das völlig falsch an, meine Liebe. Schau, er muss sich doch erst mit dem Geruch des Leckerlies vertraut machen. Das KENNT er ja noch gar nicht!" redete er auf seine Gattin ein.
"Du immer mit deinem Vertraut machen. NATÜRLICH vertraut Bolle mir, Oder glaubst du etwa nicht?" Ihre Augen verengten sich zu hufmesserscharfen Schlitzen, in der ZweibeinerInnen-Körpersprache heisst das: Männeken, lauf, so schnell du kannst. Dieses Gefecht kannst du nicht gewinnen!
Ich stupste Romi an, und er zählte herunter: Drei .... zwei .... eins....ZERO!
"Mit dir KANN man einfach nicht vernünftig reden! IMMER musst du alles in Frage stellen. IMMER!"
"ICH WOLLTE BOLLE NUR DIESES LECKERLIE GEBEN UND NICHT UNSERE EHE AUSDISKUTIEREN! VERDAMMT NOCH MAL!"
Wir glaubten beide, auf Bolles dunkelbraunem Gesicht mit der breiten Blesse und dem langen, lockigen Schopf ein breites Grinsen zu erkennen. Dann drehte er sich um, um mit einem Holzstöckchen zu spielen. Das Leckerlie war bereits vergessen und die Witterung desselben interessierte ihn auch nicht mehr...
Während die beiden Zweibeiner weiter lautstark ihre Beziehung in Frage stellten, kam der Reitlehrer von Bolles Frauchen einherspaziert. "Hallo, ihr beiden. Naaa? Wie gehts? Morgen abend wieder Dressurstunde mit Bolle?" unterbrach er die Streithähne gut gelaunt. Reitlehrer bringen nicht nur ReiterInnen das Reiten bei, sondern sind auch oft gute Psychologen und Paartherapeuten.
"Hallo Alex! Ach, das wollte ich dir noch sagen, morgen abend geht nicht. Da reiten wir mit Bolle aus. Er braucht ein bißchen Kondition für den Strand-Reiterurlaub in 3 Wochen." Sie lächelte ihn voller Vorfreude auf dieses Event an. Moment mal. Dieses Event? Warum hat Bolle uns denn davon noch nichts erzählt? Das haut ja den stärksten Gaul um: Ein Strand-Reiterurlaub mit Bolle in der vierbeinigen Hauptrolle! Da brat mir doch einer 'nen Storch! Romi sah mich an und ich sah Romi an und wir dachten wohl beide dasselbe: Der weiss davon noch gar nix!!!
Und wenn ihr wissen wollt, wie Bolle diese frohe Botschaft verkraftet hat, dann lest beim nächsten Teil wieder fleißig mit! :-)
Bis dahin schöne Sommertage wünscht euch
euer Mäxchen!
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