Mittwoch, 7. Dezember 2016

Advents-Adventure Vol.III: Von Sprachen, Tentakeln und Pieksern!

... und so geht die Geschichte weiter:

Nach einer gefühlt schier endlos dauernden Fahrt durch die Dunkelheit hielt der Wagen nun an. Mein Bruder und ich rückten noch näher aneinander und genau wie bei mir fuhr immer wieder ein Zittern durch seinen Körper. Wir hatten beide nicht nur ein mulmiges Gefühl im Bauch, wie etwa nach einer besonders langen und intensiven Schimpftirade von Mama beispielsweise, sondern wir hatten Angst. Richtig Angst. So wie noch nie in unserm noch nicht allzu lange dauernden Leben.
Bei Mama waren wir in Sicherheit, das wissen kleine Katzen instinktiv und die richtige, echte Mama ist durch nichts zu ersetzen.
Mama erzählte uns schnurrend Gutenachtgeschichten, während wir uns ihre köstliche Muttermilch schmatzend schmecken ließen, und dennoch passte sie dabei auf wie ein Luchs, dass sich niemand unserem Unterschlupf näherte. Dieses Gefühl der Geborgenheit prägte uns als Familie, es ließ uns selbstbewusst und beinahe auch ein wenig frech werden, weil: Uns kann ja keiner was! Mama passt auf, da nehmt euch bloß in Acht! Mit ihr ist manchmal wirklich nicht gut Kirschen essen!
Warum haben wir bloß nicht auf sie gehört, als sie uns warnte? Sie hatte ja schließlich recht! Und auch wenn sie ihre Erzählungen möglicherweise etwas phantasiereich ausgeschmückt hatte, im Kern war da ja viel Wahres - OH!
Plötzlich wurde die Decke, mit der unser Transportkorb abgedeckt wurde, gelüftet und zwei neugierige Augenpaare lugten durch das Gitter. Zweibeiner-Augenpaare, gefolgt von Fingern, die so weit es ging durch die Gittermaschen gesteckt wurden.
Mein Bruder und ich waren schon in der hintersten Korbecke und jetzt noch ein bisschen dichter an die Wand gepresst. Diese Finger schienen immer länger zu werden, beinahe so wie die Tentakel eines Oktopus, und  wollten uns offenbar berühren. Wir glitschten an der Rückwand des kleinen Korbes hin und her, wie wir nur konnten. Und dann kamen auch noch Finger von oben und eine Stimme ertönte:
"Oooooohhh zwei kleine Schwarze! Die sehen sich ja ähnlich wie ein Ei dem anderen! Und noch keine 10 Wochen alt, so klein, wie die sind!"
Und zu uns gewandt, mit süßlicher Stimme:
"Na kommt mal her, ihr kleinen Strolche! Ihr seid in Sicherheit, ihr braucht keine Angst zu haben. Kommt! Kommt!"
Was viele Zweibeiner ja noch gar nicht wissen: Wir Katzen sind instinktiv in der Lage, Sprachen aller Art  - auch die der Zweibeiner - zu verstehen, sofern die Körpersprache dazu übereinstimmt. Falls ihr euch mal gewundert habt, warum eure Mieze schon längst ahnte, dass ihr kein Leckerlie, sondern eine Wurmkur in der Hand versteckt haltet und daraufhin beleidigt in ihr Lieblingsversteck huschte: Eure Körpersprache hat euch verraten! Und dabei ist es völlig egal, ob ein Zweibeiner Deutsch, Englisch, Chinesisch oder Ki-Suaheli spricht: Diese Form der Verständigung ist international und beinahe alle Tiere beherrschen sie auf Anhieb. Also: Ihr könnt uns nix vormachen, so sehr ihr es auch versucht! ;-)
Und nun versuchten diese offenbar weiblichen Zweibeiner, uns zu erhaschen. Man hatte den Transportkorb aus dem Auto geholt und in einem hellen Zimmer auf einen Tisch gestellt, um uns besser betrachten zu können. Eine weitere Zweibeinerin war hinzugekommen: Sie trug einen weißen Kittel und ein Stethoskop um den Hals. Das wurde ja immer bunter!
Die Weißkittel-Zweibeinerin fackelte nun auch nicht lange, sondern hob den Deckel ab, packte resolut hinein und erwischte als erstes meinen Bruder am Nackenfell. Also der Griff, den unsere Mama immer benutzte, wenn sie uns in ein anderes Versteck brachte, als wir noch nicht so gut laufen konnten! Mama war öfters mit uns umgezogen, wenn ihr ein Unterschlupf unsicher zu werden schien.
Wir seien in Sicherheit, hat die Dame eben gesagt? Wie bitte? Noch unsicherer kann es ja gar nicht mehr werden für uns, dachte ich so bei mir, als mein Bruder in der Luft baumelte. Der vertraute Griff im Nacken ließ ihn allerdings ruhig und still werden. Oh ja, das funktioniert meistens bei uns Katzen. Das Gefühl aus der Kinderstube wird hier wiederhergestellt, gemischt mit ein paar Akupressurpunkten im Nackenbereich. Eine coole Sache, eigentlich.
Ich war allerdings überhaupt nicht mehr cool, als ich beobachtete, wie die Weisskitteldame meinem Bruder in die Augen und in die Ohren leuchtete, das Mäulchen öffnete und hineinschaute, mit einem Fieberthermometer seine Temperatur maß und zum Finale auch noch eine Spritze aufzog und in ihn hineinpiekste. OMG! Er quiekte laut auf, als er den Stich spürte und das quieken mündete in einem jämmerlich klingenden Ruf nach unserer Mama. Sie hätte niemals zugelassen, dass einer von uns gepiekst wird, niemals! Sie wäre eher zu einer wahren Furie geworden!
Und plötzlich saß mein Bruder wieder neben mir und die zielstrebige Hand näherte sich nun mir und meinem Nackenfell. Ich hopste noch ein-zweimal hin und her und dann, dann hatte sie mich! Hilfeee!
Auch mir widerfuhr dieselbe Behandlung wie meinem Bruder, aber - ich schrieb es schon - solange sie mich am Schlafittchen hatte, war ich die Ruhe selbst und hatte überhaupt keine Lust, mich zu bewegen bzw. wäre das wohl auch gar nicht gegangen! Träge hingen meine Pfoten hinab, die Öhrchen kippten zur Seite und eine wohlige Wärme durchfuhr mich. Ich hätte stundenlang so weiterhängen können, wirklich!
Aber: nix da. Ich saß nun auf dem Tisch, die Finger der Helferin noch im Genick und nun wurde ich untersucht.
"Noch ein Kater. Ach nein, momentchen, da bin ich mir nicht so sicher.. in einer Woche nochmal nachschauen!" diktierte die Frau Doktor Weisskittel.
"Augen klar, Nase frei, Ohren sauber."
Na, was denn sonst? Mama hat uns ja auch pausenlos geputzt und abgeschlabbert! Wie soll da ein Dreckskrümel im Ohr überleben? Wir waren wirklich sehr gepflegte halbwilde Katzenkinder. Da soll einer was gegen sagen!
Nach dem Fieberthermometer im Allerwertesten "Temperatur 36,2 auch i.O.!" kam dann der finale Piekser. Ich nahm all meinen Mut zusammen, machte einen wirklich bemerkenswerten Puckel, sträubte alles Fell und fauchte. Mom wäre stolz auf mich gewesen!
"Ach schau, wie süß, ein kleiner Zwergenaufstand! Na komm, das kriegen wir doch jetzt auch noch hin. So ein tapferes kleines Miezekätzchen!"
Die zwei Tentakelfinger griffen wieder in meinen Nacken und dann, ja dann war ich wieder willenlos. Und so tat der Piekser auch nur halb so weh, gottlob. Ich wurde beinahe ein wenig schläfrig, obwohl ich immer noch halbtot war vor Angst. Geht das jetzt jeden Tag oder noch öfter so? Seltsame Begrüßungsrituale haben diese Zweibeiner ja schon. Ob die sich untereinander auch so kennenlernen? Dann würde es mich jedenfalls nicht wundern, dass es wohl mehr Katzen- als Zweibeinerbabys gibt! Dieses Begaffen und das anschließende  Pieksen ist ja schon eine echte Zumutung. So würden Katzen nicht mal miteinander umgehen, wenn sie sich nicht ausstehen können, geschweige denn bei der ersten Kontaktaufnahme.
Geschafft plumpste ich wieder in den Korb, an der Seite meines Bruders. Wir schauten uns mit großen Augen an. Wie würde es nun weitergehen? Gab es noch mehr Finger und Augenpaare, weisse Kittelträgerinnen und Pieksedinger? Oder war das nur der Vorhof der Katzenhölle?
Im nächsten Teil gibt es sicherlich die nächsten Antworten auf diese wirklich dringenden Fragen. ;-)

Es grüßt euch
eure Expertin für Körpersprache
die bezaubernde Jeannie!

Es ist immer sehr wichtig, einen coolen Platz zum Chillen zu haben. ;-)



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