Mittwoch, 4. Mai 2016

Wer friert uns diesen Moment ein...

..besser kann es nicht sein!
Nein, ich meine nicht das grandiose Ausscheiden der Bayern aus der Champions League gegen Atlético Madrid, sondern einen tollen Auftritt meiner Wenigkeit, erstmals mit einer E-Gitarre in einer Band spielend [Hier bitte ein breites Grinsen einfügen]!
Es war auch nicht irgendein Konzert oder Gig, sondern es handelte sich um eine inklusive Schaunummer von Personen, die man weitestgehend als "normal" bezeichnen kann, psychisch Beeinträchtigten und Schwer-und Mehrfachbehinderten im Rahmen eines musikalischen Workshops.
Und ich wollte auch eigentlich gar nicht auftreten!
Ein kleines, harmlos wirkendes Plakat am schwarzen Brett im Betrieb warb für die Teilnahme, vage gehalten, Kosten hielten sich in Grenzen und ich dachte so bei mir "hm, vielleicht mach' ich da mal mit. Ein bisschen Musizieren tut nicht weh, macht nicht dümmer und um den angekündigten Auftritt kann man sich bestimmt irgendwie drücken!"
Ne, konnte man nicht. Die Frage "mach ich beim Auftritt mit" stellte sich nämlich nach Tag 1 gar nicht mehr. Einmal den Spirit gespürt, dass da was ganz Besonderes passiert und schon warf ich die 1000000 Bedenken, die gegen ein öffentliches Event sprachen, über Bord. Komisch, passiert mir sonst nicht so oft! 
Und es war weltklasse! Nicht einer dabei, der nicht alles gegeben hat für seine Gruppe und nicht einer, der nicht begeistert gejubelt und/oder das eine oder andere Tränchen im Äuglein verdrückte!
Ein bemerkenswertes Programm mit einer von Trommeln, Tänzern, einer Band und einem Chor, der seine Hausaufgaben gemacht hatte. Angeleitet von professionellen und Teilzeitmusikern, da wurde wirklich was auf die Beine gestellt!
Zugegeben: Mir ging einigermaßen der Stift, weil ich bis Montag noch nie eine angeschlossene E-Gitarre in der Hand hatte. Immerhin besitze ich marginale und weitestgehend selbsterworbene Kenntnisse im Spiel von Akustik-Gitarren und spiele regelmäßig im heimischen Wohnzimmer Songs, die ich mag, die mich herausfordern und die ich ein wenig ummodeln kann, begleitet von meinem Gesang natürlich. Also umgekehrt, ich begleite mein Gesinge mit meiner Wandergitarre, die aus einem Nachlass stammt und der beim ersten vorsichtigen Anstimmen 3 von 6 Saiten rissen.
Nun, flugs brachte ich das gute Stück zum Gitarrendoc und kehrte glücklich mit einer Markenklampfe mit frischer Bespannung heim. Ich besass zwar schon eine mit Nylonsaiten vom Discounter, so zum Lernen (und die Anfänge waren wirklich schwer, wenn man sowas mit über 35 noch anfängt) mit Youtubevideos und Lerninhalten auf Internetseiten! Mein Dank gilt hier im Besonderen dem australischen Singer/Songwriter und Gitarristen Justin Sandercoe, dessen "How-to-Play"-Lessons jede für sich witzig, lehrreich und wirklich effektiv sind. Und gleichzeitig mein Englisch verbesserten! Win Win!  Hey dude, I've learned sooo much guitar skills in your lessons, you're really amazing! :-)
Im Lieferumfang war sogar ein Buch und eine Lern-DVD, die ich aber nach relativ kurzer Zeit beiseite geschoben habe. Denn das Notenlesen habe ich nie wirklich gelernt und das braucht man auch gar nicht wirklich. Es geht auch ohne, man muss sich nur auf den Hintern setzen und spielen und lernen, spielen und lernen, spielen und lernen.
Also, ohne eine tatsächliche Face-to-face-Gitarrenstunde, dafür mit jeder Menge Motivation und Spaß an der Sache sass ich heute also wirklich und wahrhaftig in einer Band von gestandenen Musikern, die schon mehr als 20 Jahre Erfahrung mit ihrem Instrument auf dem Buckel hatten. Meine Hände waren anfangs nass und dafür mein Hals trocken, schon keine guten Vorraussetzungen für meine Gesangs- und Gitarreneinlagen. Dies legte sich aber bereits in der Generalprobe, von da an hatten dann nur noch meine Knie gezittert. Puh!
Der Saal füllte sich und immer mehr drängten von außen hinein, die Sitzplätze waren alle schon besetzt, etliche standen schon weiter hinten und immer noch war kein Ende des Besucherstroms in Sicht. Ich muss nicht erwähnen, dass mir schon ein wenig schlecht wurde, denn ich neige zu Platzangst. Aber mit "meinen" Jungs an der Seite fühlte ich mich sicher, fast ein wenig geborgen und so versuchte ich mich so gut es geht zu entspannen.
Als das Programm dann schließlich anfing und ich damit, mir das Publikum in bunten langen Unterhosen vorzustellen, ging es mir gleich viel besser! Und es wurde laut und es wurde toll und hach - es klappte einfach alles! Die Leute hüpften zu afrikanischen Trommeln, sangen die Refrains unserer Lieder mit und bei dem Finale zu "Auf uns" waren wirklich alle ausser Rand und Band. Sogar mein Soloriff gelang mir, obwohl ich mich bei der Generalprobe ein-zweimal verzupfelt hatte! :-))
Ein Dank auch an unsere Workshop-Leiterin und "Grande Dame" Bea Nyga, eine Musikerin aus Köln, die auf Anhieb äußerst sympathisch rüberkam und uns ihren Stil mit umgeschriebenen Schlagern und Chansons, gemischt mit afrikanischen Einflüssen näherbrachte. Wirklich großartig, was sie mit ihrem Witz und Charme alles bei den verschiedensten Menschen mit und ohne Handicaps bewirkte: Ein gemeinsames Erlebnis mit Freude an Bewegung und Tanz, Gesang, Instrumenten und Begeisterung, wie ich es nur selten erleben durfte. Kurz gesagt: Wir haben gemeinsam MUSIK gemacht, so wie sie sein soll: Sie führt zusammen zu tollen Erlebnissen, an die man sich noch sehr lange gerne erinnert. Oder wie es im Songtext heisst:
Wer friert uns diesen Moment ein, besser kann es nicht sein!

Besser kann man es gar nicht umschreiben!

Mit musikalischen Grüßen und einem neu erlernten Powerchord in C-Dur:
Euer Copinchen (hat die Bude gerockt! YEAH)! :-))


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